Eine Datenbank voller Frauenleben
Kennen Sie Frau Einstein?

Für nichts wird so viel Reklame gemacht wie für Männer: auf Banknoten, Strassenschildern, in Lexika und Zitatensammlungen. Frauen kommen schlecht weg. Das hat die Online-Datenbank «FemBio» radikal geändert.

Alles & viel mehr: Frauen sind zu allem fähig – Forscherin Mileva Einstein (links oben), Politikerin Angela Merkel (links unten) und Musikerin Amy Winehouse sind drei von 30 000 auf «FemBio» porträtierten Frauen. (Fotos: Keystone, PD)

Sie bietet Infos über mehr als 30 000 Frauen, und täglich kommen neue dazu: die Frauendatenbank von Luise F. Pusch. In der Schweiz wurde die deutsche Sprachwissenschafterin und Mitbegründerin der feministischen Linguistik spätestens 1987 bekannt. Damals, als Frauen in der Sprache ausschliesslich mitgemeint waren, kämmte Pusch eine ganze Ausgabe der linken Wochenzeitung WOZ auf Frauensprache. Um Frauen sichtbar zu machen und den Männern zu zeigen, wie es ist, nicht gemeint, sondern nur mitgemeint zu sein. Pusch führte das «steil aufragende I» (TeilnehmerInnen), wie sie das Binnen-I nannte, in die Schweizer Medienwelt ein. Und sie tat das, wie alles was sie tut und schreibt, mit Witz und Kalauer. Ganz zum Gaudi der WOZ-Redaktorinnen, zu denen damals auch die Schreiberin selbst gehörte.

Aus Autor Fredi Lerch machte Pusch kurz entschlossen Frieda Lerche und aus Wolf Biermann Zicke Milchkuh. Hart in der Sache, aber locker im Ton, das ist Pusch, wie sie auch in ihren zahlreichen Glossen leibt und lebt. Denn, so ihre Devise: Frauen sind zu allem fähig, auch zu Doofem, Gemeinem, Peinlichem. Wichtig ist deshalb nicht, gut dazustehen, sondern überhaupt dazustehen. Im öffentlichen Raum. In derselben Logik betreiben Pusch und ihre Lebensgefährtin, US-Germanistin Joey Horsley, seit Jahren ihre Frauenbiographieforschung, die zum Teil online und gratis abrufbar ist. Nach Namen, Geburtstagen, Tätigkeiten, Nationalitäten usw. Auf deutsch und englisch.

ALLES IST RELATIV

Luise F. Pusch: Hart in der Sache, locker im Ton. (Foto: Wikipedia)

Zum Beispiel Mileva Einstein-Maric: «Studentin am Polytechnikum Zürich, zweite Frau, die an der Abteilung VI A: Mathematik und Physik ein volles Studium absolvierte. Heiratet Albert Einstein. Bringt drei seiner Kinder zur Welt, überlebt dreimal das Kindbett, wird von ihm betrogen, verlassen, mit den Kindern kurz vor dem Ersten Weltkrieg nach Zürich abgeschoben, geschieden. Zieht seine zwei Söhne auf. Pflegt den schizophrenen Sohn. Stirbt.» So weit die «FemBio»-Kurzbiographie. Ein bemerkenswertes Frauenschicksal ganz im Schatten des berühmten Mannes.

Dabei war Maric Einsteins wichtigste Gesprächspartnerin, auch fachlich. Das dankt er ihr 1901 in einem Brief: «Wie glücklich und stolz werde ich sein, wenn wir beide zusammen unsere Arbeit über die Relativbewegung siegreich zu Ende geführt haben! Wenn ich so andere Leute sehe, dann kommt mir’s so recht, was an dir ist!» Frau Einstein war Miterfinderin der Relativitätstheorie. Hätten Sie’s gewusst? Im Gegensatz zu anderen Nachschlagewerken schaut «FemBio» auf die Frau und leistet deshalb herausragende Pionierarbeit. Sie ist so etwas wie das Gedächtnis der Frauen.

ALLES IST WICHTIG

Wer stöbert, wird belohnt, mit Rosen, Dornen und Rosinen in unterschiedlichsten weiblichen Lebensentwürfen: Schriftstellerinnen wie Ingeborg Bachmann, Schauspielerinnen wie Sophia Loren, Politikerinnen wie Angela Merkel, Chemikerinnen wie Marie Curie, Nobelpreisträgerinnen wie Selma Lagerlöf und Sängerinnen wie Amy Winehouse. Aufbereitet von mehr als hundert kompetenten Autorinnen und einigen wenigen Autoren. Die meisten von ihnen Wissenschafterinnen und auf ihr Thema spezialisiert.

Und plötzlich stösst frau via das Suchkriterium «Aussehen» noch auf das Unwichtigste der Welt. Lernt aber fürs Leben, dass wahre Grösse nichts mit Körpergrösse zu tun hat. Madonna ist 1.58 gross, und Queen Victoria mass ungefähr 1.50. Nur eine Biographie suchen wir auf «FemBio» vergeblich. Es ist jene ihrer Urheberin Luise Pusch. «Das ist, weil Eigenlob stinkt. Und Bescheidenheit eine Zier ist. Und so weiter», sagt die Feministin auf Anfrage. Laut & Luise wie immer. Ebenso heisst denn auch ihr scharfzüngiger Blog.

Luise Puschs Online-Datenbank: www.fembio.org
Luise Puschs Blog «Laut & Luise»: www.fembio.org/biographie.php/frau/blog
Luise Pusch auf Facebook: Luise F. Pusch

1 Kommentare

  1. Roitner Maria 21. Januar 2021 um 7:08 Uhr

    Ich würde mir einen Artikel über Bertha Kupelwieser, geb. Wittgenstein wünschen.

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