US-Präsident Trump kündigt das Klimaschutzabkommen von Paris. Doch die EU steht dahinter. Und in der Schweiz kommt das Abkommen locker durchs Parlament. Doch genügt das, um die Welt zu retten? work erklärt, warum die gefährliche Störung des Klimasystems uns alle bedroht und was dagegen zu tun ist.
Exponiert: Aletschgletscher, Wallis, 18. August 2007. 600 Menschen posieren nackt. Mit der Aktion machte die Umweltorganisation Greenpeace auf die Auswirkungen der Klimaerwärmung aufmerksam. Die «lebende Skulptur» wurde von US-Fotograf Spencer Tunick inszeniert, der seit 1992 nackte Menschenmassen an öffentlichen Orten fotografiert. (Foto: Greenpeace / Ex-press / Michael Wuertenberg)
1. Gibt es den Klimawandel tatsächlich?
97 Prozent aller Forschenden weltweit bestätigen, dass sich die globale Klimaerwärmung nachweisen lässt, seit die Menschheit fossile Brennstoffe wie Öl und Benzin verwendet. Die drei Prozent der Forscherinnen und Forscher, die den Klimawandel leugnen, haben aber sehr viel Geld von der Erdöllobby und von anderen Interessenverbänden zur Verfügung und verschaffen sich dadurch insbesondere in den rechten Medien sehr viel Gehör. Auch in der Schweiz.
2. Was unterscheidet Klima und Wetter?
Der Klimawandel zeigt sich an den veränderten Durchschnittswerten. Klima darf man nicht mit dem Wetter verwechseln, dem wir täglich ausgesetzt sind. Verkürzt: selbst wenn wir in der Schweiz kühles Sommerwetter haben und einen kalten Winter, heisst dass nicht, dass sich die Erde als Ganzes nicht erwärmt.
3. Aber «Wandel» ist doch nicht so schlimm?
Das Wort «Klimawandel» tönt eigentlich viel zu nett. Mit «Wandel» assoziieren wir ja meistens Positives. Und dass es in Zukunft etwas wärmer werden soll, scheint auf den ersten Blick auch nicht so schlimm. Doch die Daten sind dramatisch. Darum sprechen die Experten nicht von «Wandel» sondern von einer «gefährlichen Störung des Klimasystems».
4. Was haben wir zu verlieren?
Die Eisbären am Nordpol kommen uns zuerst in den Sinn. Aber die Erderwärmung beschränkt sich nicht auf die Arktis. Weil sich wegen des schmelzenden Polareises der Meeresspiegel weltweit erhöht, droht ganzen Ländern der Untergang. Hunderte von Millionen von Menschen würden ihre Heimat verlieren und müssten flüchten. Auch in Europa. In Irland brechen jetzt schon die Küsten weg. In Holland werden immer höhere Dämme gebaut. Wissenschaftliche Modelle zeigen, dass Italien ohne Stop der Erderwärmung um einen Drittel kleiner würde, Spanien einen Viertel. Am schlimmsten trifft der steigende Meeresspiegel aber Asien: Thailand, Kambodscha, Vietnam und die Philippinen könnten zu grossen Teilen im Meer versinken. In Indien droht der Monsun auszubleiben, mit katastrophalen Folgen für die Landwirtschaft. Auch in Afrika sind Millionen von Menschen von den Folgen der Klimaerwärmung betroffen. Sieben der weltweit am stärksten gefährdeten Staaten liegen in Afrika. In Äthiopien, Somalia und Kenia drohen gigantische Hungerkatastrophen. In Algerien, Moçambique und anderen afrikanischen Ländern ist die Existenz der Menschen hingegen durch Hochwasserkatastrophen gefährdet.
5. Was steht im Pariser Klimaabkommen?
Das sogenannte Pariser Abkommen ist rund 20 Seiten lang und wurde Ende 2015 unterzeichnet. Im Abkommen verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten zu Massnahmen, mit denen die Erderwärmung idealerweise bei 1,5 Grad gestoppt werden kann. Entwicklungsländer erhalten zur Umsetzung etwas mehr Zeit als die Industriestaaten und Finanzhilfen.
6. Ist es schlimm, dass die USA nicht mitmachen?
Symbolisch ja, in der Praxis kaum. Die USA können frühestens 2020 aussteigen. Ein Trump-Nachfolger könnte den Austritt sofort rückgängig machen. Ausserdem sind einige US-Bundesstaaten, zum Beispiel Kalifornien, bei der Förderung der erneuerbaren Energien schon sehr weit und stehen weiterhin hinter dem Abkommen.
7. Ist China der neue Klimapionier?
China muss schon aus purem Eigeninteresse die Emissionen reduzieren, weil die Luftqualität in den Städten alarmierend gesundheitsgefährdend ist. Die chinesische Regierung setzt deshalb schon länger und mit massiven Mitteln auf den ökologischen Umbau insbesondere von Verkehr und Industrie.
8. Wird bei einer Umsetzung des Pariser Abkommens alles wieder gut?
Leider nein! Auch wenn es noch gelingen sollte, die Erderwärmung auf 2 Grad zu begrenzen, werden extreme Hitzewellen und heftige Unwetter trotzdem noch immer viel häufiger auftreten als früher. Auch in der Schweiz.
9. Wie stark muss die Schweiz Emissionen reduzieren?
Bis 2030 muss der Ausstoss von Treibhausgasen 50 Prozent unter dem Niveau von 1990 liegen. Bei den Heizungen konnten die Emissionen bereits um 26 Prozent gesenkt werden, vor allem dank besseren Isolationen. Beim Verkehr jedoch haben die Emissionen um 13 Prozent zugenommen. Zwar fahren wir heute im Schnitt effizientere Autos, dafür aber insgesamt mehr.
10. Was heisst das für die Wirtschaft?
Die Energiewende ist für die Wirtschaft eine Chance. Der Umbau auf nachhaltige Energie schafft neue Jobs in Industrie, im Gewerbe, in der Landwirtschaft, in Entwicklung und Forschung. Eine Studie der Schweizerischen Energiestiftung rechnete im Jahr 2012 vor, dass die Energiewende in der Schweiz 85 000 neue Jobs schafft. Neuere Schätzungen gehen mittlerweile gar von über 100 000 zusätzlichen Stellen aus.
11. Was steht politisch in der Schweiz als nächstes an?
National- und Ständerat haben den Pariser Klimavertrag ratifiziert. Jetzt müssen Klimaziele und die entsprechenden Massnahmen in Gesetzen formuliert werden. Die SVP folgt bereits den Spuren von US-Präsident Trump und droht mit dem Referendum. Wissenschafter und Umweltverbände fordern eine CO2-Reduktion um 40 Prozent.
12. Wird das Benzin teurer?
Ja. Der Bundesrat will die CO2-Lenkungsabgabe auf Brennstoffe von heute 120 auf maximal 240 Franken pro Tonne CO2 erhöhen. Die zusätzlichen Belastungen für die Wirtschaft sind laut Bundesrat marginal.
13. Dürfen wir in Zukunft noch mit Öl heizen?
Bis auf weiteres ja, aber es wird teurer. Die Akademien der Wissenschaften empfehlen, die CO2-Abgabe so lange zu erhöhen, bis die Emissionsziele erreicht sind. Die Grünen fordern zusätzlich einen Mindestpreis für Heizöl. Der Bundesrat behält sich ein Verbot für den Einbau oder Ersatz fossiler Heizungen vor, falls die Emissionen im Gebäudesektor mit Lenkungsmassnahmen nicht genügend zurückgehen sollten.
14. Wie viele Menschen sterben in der Schweiz wegen des Klimawandels?
Im Sommer 2015 starben in der Schweiz 804 Menschen an der Hitze. Im Rekordsommer 2003 waren es sogar 905 Hitzeopfer. Das sind mehr als doppelt so viele, wie im Strassenverkehr ums Leben kamen. Unter den Hitzetoten waren auch viele jüngere Menschen. 11 Kinder starben 2015 nachweisbar an den Folgen des heissen Wetters.
15. Was tun, um sich vor der Hitze zu schützen?
Auf der Website www.hitzewelle.ch gibt’s Tipps vom Bundesamt für Umwelt. Die Behörden von Bund und Kantonen arbeiten an Massnahmen, um die Zahl der Hitzetoten zu verringern. Das Pflegepersonal wird geschult, es gibt Informationskampagnen. In der Westschweiz existiert bereits ein Warnsystem für Hitzetage. Weiter wird das Verteilen von Gratiswasser in Zügen, Bussen und in Städten empfohlen. Bei Stau am Gotthard wurde an Hitzetagen auch schon gratis Wasser verteilt. 16 Was können wir für sonst noch für das Klima tun? In den Städten heisst es: mehr Bäume pflanzen, sei es im Garten oder im öffentlichen Raum. Insbesondere grosse Solitärbäume und Alleen helfen, da sie Schatten spenden. Zudem absorbieren die Bäume Schadstoffe und können die Temperatur in ihrer Umgebung durch die Verdunstung um mehrere Grad senken. Eine weitere Massnahme sind grössere Wasserflächen, das diese zur Kühlung der Luft beitragen. Für ein besseres Mikroklima hilft darum auch ein vergrösserter Gartenteich.