In den nächsten Jahren gehen mehr Bauarbeiter in Rente. Darum braucht es vorübergehend mehr Geld. Doch die Baumeister stellen sich quer.
KAMPFBEREIT. Die Bauarbeiter müssen den Altersrücktritt mit 60 ein weiteres Mal verteidigen. (Foto: ZVG)
Die Frühpensionierung für Bauarbeiter ist ein voller Erfolg. Neue Berechnungen zeigen, dass die Zahl derer, die mit 60 in Rente gehen, gar stärker ansteigt als bisher angenommen. Das hat aber auch seinen Preis. Die Stiftung für den frühzeitigen Altersrücktritt (FAR) im Bauhauptgewerbe braucht für einen begrenzten Zeitraum einen finanziellen Zuschuss. Wie schon vor zwei Jahren (siehe Box). Lief da etwas falsch? «Nein», sagt Unia-Bauchef Nico Lutz, «aber die Fluktuation ist gesunken. Und das konnten wir nicht voraussehen.»
Sinkende Fluktuation heisst, dass heute immer weniger Bauarbeiter den Beruf wechseln oder ins Ausland abreisen. Sie bleiben im Job. Das ist auch eine – durchaus erwünschte – Folge der Rente mit 60, welche die Bauarbeiter im Jahr 2002 erkämpft hatten. Seitdem können sie nach Jahren harter Arbeit würdevoll in den Ruhestand treten.
Die Finanzierungslücke besteht nur vorübergehend. 2024 ist der Höchststand erreicht, dann wird die Zahl der Rentner wieder zurückgehen. Darum sagt Bauchef Nico Lutz: «Das Problem ist lösbar. Die Bauarbeiter sind auch bereit, sich an den Kosten zu beteiligen.» Die Gewerkschaften wollen über eine befristete Erhöhung der Beträge von einem halben bis einem Prozent verhandeln sowie über eine moderate Anpassung der Altersgutschriften.
BAUMEISTER STUR
Allerdings lehnen die Baumeister Verhandlungen ab. Schriftlich. Sie wollen keine höheren Beiträge bezahlen. Wie schon vor zwei Jahren wollen sie lieber das Rentenalter auf 61 Jahre heraufsetzen oder die Renten massiv kürzen. Dann aber wäre es vorbei mit der Rente mit 60. Und der grösste sozialpolitische Erfolg der letzten Jahrzehnte in der Schweiz wäre mit einem Schlag zunichte gemacht. Die Taktik der Baumeister: passiv bleiben, bis drastische Massnahmen unausweichlich sind.
Die Baugewerkschaften nehmen das nicht hin. Unia-Bauchef Nico Lutz fordert die Baumeister auf, an den Verhandlungstisch zu kommen. Was, wenn sie sich weigern? «Wir werden für die Rente mit 60 kämpfen. So, wie wir es bisher getan haben.» Laut Lutz werde es keinen neuen Landesmantelvertrag geben, ohne dass die Rente mit 60 gesichert sei. Er schliesst auch Kampfmassnahmen nicht aus. Auf dem Bau könnte es also einen heissen Sommer und Herbst geben.
FAR-Verhandlung: Schon vor zwei Jahren schwierig
Die Frühpensionierung auf dem Bau brauchte 2014 eine Finanzspritze. Wegen der geburtenstarken Jahrgänge, die jetzt ins Rentenalter kommen. Statt das Problem mit einer Beitragserhöhung sauber zu lösen, wollten die Baumeister lieber das Rentenalter erhöhen. Oder die Renten massiv kürzen. Dagegen wehrte sich die Unia vehement. Schliesslich lenkten die Baumeister ein. Ab Juli 2016 wurden die FAR-Beiträge um 2 Prozentpunkte erhöht. Die Arbeitnehmenden übernehmen davon 0,5 Prozent und die Baumeister 1,5 Prozent. Dafür mussten die Bauarbeiter in den vergangenen zwei Jahren auf eine Lohnerhöhung verzichten. (rh)