Keine Fake-News: Ein Mann fliegt mit seiner Badewanne mehr als einen Kilometer weit, um sich in der Bäckerei Brötli zu holen. Das Experiment kombiniert einen Heidenspass mit revolutionärer Technik.
KEIN UFO: Zwei Bastler haben in Deutschland eine Badewanne zum Abheben gebracht und sind damit über einen Kilometer weit gefl ogen. (Foto: Youtube)
Die etwas Älteren unter unseren Leserinnen und Lesern mögen sich vielleicht noch an das Kinderbuch «Petzi und die fliegende Badewanne» erinnern.
Das Irreale liess den Ängsten und Träumen der Kinder freien Lauf. Vorgestern war Petzi, und heute ist Youtube: Ein aus Deutschland stammendes Video mit einer fliegenden Badewanne haben sich Ende Januar 2018 bereits 1,3 Millionen Userinnen und User angesehen. Das Video dauert 4 Minuten und 8 Sekunden. Die Geschichte: Ein Mann mit Helm und Töffjacke fliegt mit seiner Badewanne mehr als einen Kilometer weit, um sich in der Bäckerei ein Brötchen zu holen. Bereits 3000 Menschen haben dieses Video kommentiert.
DÜSENTRIEBS ERBEN. Die fliegende Badewanne ist offensichtlich kein Fake-Video, sondern eine clevere Kombination. Die «Real Life Guys» (Englisch ist die neue Weltsprache) sind hochtalentierte und etwas verrückte Bastler. In der Tradition von Daniel Düsentrieb hatten sie die Idee mit der fliegenden Badewanne. Das deutsche Versandhaus Conrad schenkte den «Real Life Guys» gratis Motoren und Steuerungen.
Versuchen wir, das Experiment zu begreifen:
- Sechs einzeln ansteuerbare Motoren mit je einer Leistung von 9,6 kW bringen die Badewanne zum Fliegen. Knapp 60 kW Leistung sind notwendig, damit Mann oder Frau samt Badewanne abheben kann.
- Jeder dieser Motoren kostete im Modellbaugeschäft nur 1200 Franken.
- Gesteuert wurde und wird die fliegende Badewanne durch eine im Handel erhältliche Spielzeugsteuerung.
- Gekostet hat der ganze Spass zu Conrad-Listenpreisen und ohne Berücksichtigung der Arbeitsstunden rund 17 000 Euro, also etwa 20 000 Franken.
Auf der ganzen Welt arbeiten neu auch Flugzeughersteller wie Airbus und Boeing an elektrisch betriebenen Untertassen, die uns geräuscharm, energieeffizient und autonom gesteuert von einem Ort zum andern bringen sollen. Ohne Badewanne, aber mit der gleichen Technologie. Wir sind und bleiben gespannt.
EINER FLOG ÜBERS DACH. Fliegen in all seinen Facetten fasziniert auch politisch. Der spanische Diktator Franco ernannte 1973 Luis Carrero Blanco zum Regierungschef. Sechs Monate später sprengte die baskische Separatistenorganisation ETA diesen Faschisten in die Luft.
Carrero Blanco flog mit seinem Auto über ein Hausdach in den Tod. War der Admiral von Francos Gnaden ein Opfer des Terrors oder des berechtigten Widerstandes? In meiner Jugend öffneten wir mehr als eine Flasche spanischen Rioja, um dieses erfolgreiche Attentat im Kampf gegen den Faschismus zu feiern. Das Lied «Flieg, Carrero, flieg» wird bis heute im Baskenland gesungen.
Links zum Thema:
- rebrand.ly/badewanne
Hier wird fündig, wer das Video mit der fliegenden Badewanne sucht.
- rebrand.ly/petzi
Die Comicfigur Petzi belebte seit den 1960er Jahren Zeitschriften und Bücher. Und machte viele Kinder froh. Ein Achtundsechziger der anderen Art. Mit der fliegenden Badewanne flog Petzi aus Angst vor dem reinigenden Schaumbad durch die Lüfte. Seit 2013 gibt es für nostalgische Kindsköpfe eine Petzi-Gesamtausgabe.
- rebrand.ly/elektro
Wer sich für Elektromobilität in der Luft interessiert, findet auf dieser Website immer wieder interessante Hinweise.
- www.conrad.de
Das deutsche Versandhaus Conrad ist ein Familienunternehmen mit einem Umsatz von mehr als einer Milliarde Franken im Jahr. Der Conrad-Katalog ist bei Modellbauerinnen und -bauern Kult. Oft finden wir dort mehr, als wir ursprünglich gesucht haben. Ärgerlich ist nur, dass die Produkte von Conrad in der Schweiz mehrwertsteuerbereinigt teurer sind als in Deutschland. Der Trost: Conrad hat die fliegende Badewanne mit Sponsoring erst möglich gemacht. Das Sponsoring ist dank der viralen Durchdringung der Welt höchst erfolgreich, wie dieser Artikel beweist. Mitprofitiert hat natürlich auch die Youtube-Mutter Alphabet. Weil wir Werbung ansehen müssen, bevor das Video startet.