Nach 20 Jahren gibts die Kündigung: SDA-Inlandredaktor Mark Theiler über den Kahlschlag, die grosse Solidaritätswelle und die Zukunft der einzigen Nachrichtenagentur des Landes.
SO NICHT. Die SDA-Belegschaft kämpft für ihre entlassenen Kolleginnen und Kollegen. (Foto: Keystone/Valentin Flauraud)
Über 20 Jahre lang habe ich der SDA gedient, über 40 Jahre lang bin ich im Journalismus – und nun ein solch unwürdiger, unmenschlicher und kalter Abschied von einem Beruf, den ich über alles geliebt habe und den ich nie nur als Broterwerb gesehen habe. Es ist nicht nachvollziehbar, was da momentan bei der einzigen Nachrichtenagentur des Landes, einem wichtigen Service public-Unternehmen, abläuft.
Auf die Strasse gestellt werden nicht diejenigen, welche diese Situation heraufbeschworen haben, sondern jene, die jahrelang zu jeder Tages- und Nachtzeit gearbeitet haben. Die Nachrichtenagentur SDA ist ein 24-Stunden-Betrieb und da braucht es Leute, die schon um 6.30 Uhr frühmorgens hellwach sind, während andere Kollegen und Kolleginnen am späten Abend noch auf Draht sein müssen.
Ich persönlich gerate trotz Entlassung zwei Jahre vor der Pensionierung aufgrund meiner familiären Situation nicht in eine Notlage, aber meine Gedanken sind oft bei meinen Ü60-Kollegen. Zwei von ihnen haben drei Kinder im Alter von teilweise unter 10 Jahren zu ernähren, ein anderer hat eine teure Scheidung hinter sich und nicht mehr viel in der Pensionskasse. Ist die Entlassung der Dank, dass sich diese Leute über 20 Jahre lang für das Unternehmen eingesetzt haben?
Der personelle Kahlschlag hat innerhalb der Branche eine Welle der Solidarität ausgelöst. Die Kollegen der anderen Medien, die uns als brave Arbeitstiere sonst eher belächeln, werden sich plötzlich bewusst, dass ihnen der SDA-Dienst die Arbeit ungemein erleichtert. Es ist das Verdienst der Redaktionskommission, dass die Entlassungswelle nicht einfach still und leise ablief, sondern dass die Öffentlichkeit viel davon mitbekommen hat.
Ich persönlich glaube nicht, dass die SDA unter den neuen Vorzeichen lange überleben kann. Wenn es nichts mehr zu holen gibt, werden die grossen Verleger ihre Drohung wahrmachen und auf der Basis ihrer lokalen Strukturen eine Art Nachrichtenaustausch-Dienst aufbauen. Dieser wirft dann nichts ab, kostet sie aber auch nichts.
Mark Theiler (63), seit 1997 bei der SDA als Inlandreaktor in Bern und/oder Regionalbüro-Journalist im SDA-Büro Aarau.