Bau: Grösste Arbeiter-Demonstration seit 100 Jahren
18’000 für Rente 60

Der Baumeisterverband greift die Rente 60 frontal an. Das lassen sich die Bauarbeiter nicht gefallen. Einen solchen Protest hat die Schweiz noch selten gesehen.

LAUTSTARK: Mit der grössten Arbeiter-Demo seit 100 Jahren gaben die Bauarbeiter den Chefs den Tarif durch. (Foto: Manu Friedrich)

10’000 hat Unia-Bauchef Nico Lutz schon erwartet, doch es kommen 18’000 Bauarbeiter mit ihren Familien, Kollegen, Freundinnen und Freunden. Wie ein Tatzelwurm schlängelt sich der wartende Demonstrationszug vom Zürcher Bahnhof übers Central bis auf die Rudolf-Brun-Brücke. Im tiefblau-weisswolkigen Himmel schwebt die magische Zahl 60. Auf einem riesigen roten Ballon. 18’000 aus der ganzen Schweiz sind gekommen, um sich den Rentenabbauplänen der Baumeister entgegenzustellen. Diese greifen die Frühpensionierung auf dem Bau frontal an und fordern: Rentenalter rauf oder Rente runter. Ein dicker Affront auf eine wohlverdiente Errungenschaft. Denn Bauarbeiter leben gefährlich und sterben früher.
Deshalb ist auch Maurer Wanja ­Jakob (27) aus Bern da, «weil Klassenkampf nie endet». Und Rentner Christian Bringold (69) aus Lenk BE erzählt: «Hätte ich nicht mit 60 gehen können, gäbe es mich heute vermutlich gar nicht mehr.»

GIUSEPPE ORRU & JULIO DA COSTA als Sandwichmänner unterwegs: «Wir sind produktiv. Aber unterdrücken lassen wir uns nicht!» (Foto: MANU.ch)

STARKES ZEICHEN. An vorderster Front, mit dem grossen Transparent, protestiert Maurer Pasquale Miele (55) aus Zürich: «Miele wie die Abwaschmaschine!» Als einziger trägt er kein rotes 60-T-Shirt, sondern Hemd und Krawatte. Immer wenn er an einen wichtigen Anlass gehe, trage er Krawatte, sagt er. Und: Wenn er Unia-Chef wäre, würde er für die Demos rote Krawatten mit Unia-Logo machen lassen. Für ein Krawattenmeer!

Jetzt setzt sich der Zug langsam in Bewegung. Erst rollt der gelbe Bagger los, dann die Donner-Trommlerinnen der Gruppe «Borumbaia». Die Zürcher Bahnhofstrasse bebt, und die Pflastersteine zittern. Die Bise bläst in die Fahnen und Marco Dogas (13) aus Spreitenbach ZH in seine Vuvuzela. Die tönt wie eine stöhnende Kuh. Auch Vater Ilija ist dabei, um «den Baumeistern den Marsch zu blasen».

Es tutet, es wogt, es wummert, es dröhnt. Und zum Schluss regnet es rote Fäden vom Himmel, was für ein Schlussbouquet! Es war die grösste Arbeiter­demonstration seit hundert Jahren. Und kommen die Baumeister nicht bald zur Vernunft, wollen die Bauarbeiter ihre Schaufel niederlegen. 93 Prozent haben sich für Streik ausgesprochen. Ein starkes Zeichen.

SCHLUSSBOUQUET: Bravo! (Foto: MANU.ch)

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.