Elektrisch angetriebene und sich selbst steuernde Lastwagen kommen bald. Das US-Unternehmen Starsky Robotics geht jetzt aber noch weiter: Es will Lastwagen neu per Bildschirm fernsteuern wie die US-Armee ihre Drohnen.
FERNGESTEUERT: Der Truck fährt durch die Welt, der Chauffeur lenkt das Gefährt vom Büro-PC aus. Kurz vor dem Ziel steigt ein Lenker oder eine Lenkerin ein, um das Gefährt zum Abladen zu lotsen. (Foto: PD / Pxhere, Montage: work)
Niemand weiss besser, wie lange Stossdämpfer und Autotüren halten, als selbständige Taxihalterinnen und -halter. Die Kölner Strassen sind voller Schlaglöcher, vorab in den Aussenquartieren. Das setzt den Täxelern und ihren fahrbaren Untersätzen brutal zu.
Lange Zeit kamen für die Kölner Taxifahrerinnen nur Autos von Mercedes-Benz in Frage. Wegen extra verstärkter Stossdämpfer, wegen stabilerer Autotüren. Nach 300’000 bis 400’000 Kilometern wurden die Taxis ausgemustert. Und nach Afrika verschifft, wo sie dank improvisiertüchtiger Reparaturwerkstätten noch einmal doppelt so lang unterwegs waren und sind.
In seinem letzten Jahr ist Mercedes-Manager Dieter Zetsche brutal unter Druck. Drei Schlaglöcher machen ihm zu schaffen.
- Schlagloch 1: Mercedes hat bei den Dieselmotoren getrickst. Wie VW auch. Zeitweise wird die Abgasreinigung ebenfalls abgeschaltet. Hunderttausende von Mercedes-Kisten müssen zurück in die Werkstätten. Das kostet Geld, und der Imageschaden ist noch grösser.
- Schlagloch 2: Mercedes hat die Entwicklung hin zur Elektromobilität verschlafen. Jetzt nistet sich der chinesische Elektroautokonzern Geely als grösster Aktionär in Stuttgart ein.
- Schlagloch 3: Niemand stellt weltweit mehr Lastwagen her als Mercedes. Der US-Autohersteller Tesla setzt mit dem Semitruck Mercedes unter Druck. Immer mehr Start-up-Firmen arbeiten daran, elektrisch angetriebene und sich selbst steuernde Lastwagen auf den Markt zu bringen – und zwar vor Tesla und Mercedes.
AFGHANISTAN. Jetzt versucht das US-amerikanische Unternehmen Starsky Robotics, den Markt mit einem total neuen Ansatz aufzumischen. Das Vorbild: Eine US-amerikanische Drohne hat, wenn wir den US-Militärs glauben wollen, vorletzte Woche im Osten von Afghanistan den Mullah Fazlullah getötet. Jenen Mullah, der 2012 das Attentat auf die Kinderaktivistin Malala Yousafzai angeordnet haben soll. Warten wir ab, was sich als wahr herausstellt.
Aber eines ist sicher wie einst das Amen in der Kirche: Unbemannte US-Drohnen, die über Afghanistan kreisen, werden von Deutschland aus gesteuert. Die Kampfpiloten von heute sitzen im sicheren deutschen Militärflugplatz Ramstein in klimatisierten Containern vor Bildschirmen und bombardieren aus der Ferne per Knopfdruck Schuldige und Unschuldige. Und dies immer garantiert straflos.
TRUCKER-LOTSEN. Werden dank künstlicher Intelligenz bald auch die Soldaten und Offiziere an ihren Bildschirmen überflüssig? Viele befürchten dies. Starsky Robotics will statt Drohnen neu Lastwagen per Bildschirm zum Ziel lenken. Jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter in der Leitzentrale soll im Überlandverkehr 30 Lastwagenchauffeure ersetzen. Wenn es klappt, eine dramatische Erhöhung der Produktivität.
Auf der ersten und der letzten Meile steigen beim Starsky-Konzept aber Lastwagenchauffeure zu. Weil das Ein- und Ausladen samt dem Herumfahren in Städten absehbar nicht programmiert und darum auch nicht automatisiert werden kann.
Die Truckerinnen und Trucker vor Ort wären neu so etwas wie die Schiffslotsen, die heute die grossen Containerschiffe etwa in den Hamburger Hafen lotsen und von diesem wieder hinaus aufs offene Meer.
Links zum Thema:
- starsky.io
Die offizielle Homepage des US-Unternehmens Starsky Robotics.
- rebrand.ly/transporteschweiz
Mit dem System von Starsky Robotics gäbe es auf den Schweizer Strassen keine im Ausland lebenden Lastwagenchauffeure mehr. Und auch Lohndumping wäre kein Thema mehr, weil die Chauffeure und Chauffeurinnen, die real noch Lastwagen steuerten, vor Ort leben und arbeiten würden. Die Schweizer Fuhrhalter andererseits müssten für ihre Leitzentralen hochqualifizierte Fachleute ausbilden. Alle geschützt durch einen guten GAV.
- rebrand.ly/produktivitaet
Der zurzeit von rechts bis links vielgerühmte Karl Marx hat das Problem so auf den Punkt gebracht: «Die sozialen Verhältnisse sind eng verknüpft mit den Produktivkräften. Mit der Erwerbung neuer Produktivkräfte verändern die Menschen ihre Produktionsweise und mit der Veränderung der Produktionsweise verändern sie alle ihre gesellschaftlichen Verhältnisse … Wir leben inmitten einer beständigen Bewegung des Anwachsens der Produktivkräfte, der Zerstörung sozialer Verhältnisse, der Bildung von neuen Ideen.» Ganz daneben lag er nicht.