Eine identische Mütze, ein Zufall bei der Ferieneinteilung und nun die Heirat: Die ausgebildeten Zugverkehrsleiter Simon Käsermann und Marilyne Rupp (beide 30) verbindet viel mehr als der gleiche Beruf.
ES PASST. Simon Käsermann und Marilyne Rupp über sich selbst: Etwas verrückt und total gut organisiert. (Foto: Stöh Grünig)
Privat geben sie einander manchmal die Türklinke in die Hand, weil sie beide unregelmässig Schicht arbeiten. Aber beruflich haben sie regelmässig miteinander zu tun. Marilyne Rupp arbeitet als Disponentin bei der BLS. Wenn in einem Zug das WC defekt ist oder wenn ein Lokführer wegen Krankheit ausfällt, muss sie rasch eine Lösung finden. Simon Käsermann ist als Fahrdienstleiter bei den SBB in Olten für die Infrastruktur zuständig. Er sorgt dafür, dass die Züge möglichst reibungslos und ohne Verspätung aneinander vorbeikommen. Marilyne Rupp erzählt: «Wenn ich ein anderes Fahrzeug brauche, dann frage ich bei der Stelle von Simon an, ob sie die Kapazität haben für einen Pendelwechsel, also das Austauschen eines Zuges.»
MENSCH UND TECHNIK. Simon Käsermann wollte als Bub Postautochauffeur werden. Er schmunzelt, «damals war ich total fasziniert von den Drücki-Kässeli!». Heute interessiert ihn an seinem Beruf vor allem das Spannungsfeld zwischen Technik und Mensch. Er finde es faszinierend, «wie viel die Technik schon selber kann – und wo es dann doch den Menschen braucht. Ein einziges Telefon von einem Lokführer kann bei uns innert Sekunden alles auf den Kopf stellen.»
Technische Fehler wie zum Beispiel eine defekte Weiche oder eine Stellwerkstörung meldet das System automatisch. Aber manche Probleme sieht nur der Lokführer, zum Beispiel, wenn am Fahrzeug eine Störung auftritt, wenn es zu einer Kollision oder zu einem Unfall kommt oder wenn ein Passagier einen medizinischen Notfall erleidet.
Marilyne Rupp ist eher zufällig zu ihrem Beruf gekommen: «Während der KV-Lehre hatte ich schon mit dem Stellwerk zu tun und fand das interessant.» Nach der Lehre begann sie darum gleich die Zweitausbildung zur Zugverkehrsleiterin.
VON ANFANG AN GUT VERSTANDEN. Zu Beginn ihrer Ausbildung fand ein Einführungsanlass für alle künftigen Zugverkehrsleiter aus der ganzen Schweiz statt. Dort begegneten sich Marilyne und Simon zum ersten Mal. Sie sagt: «Er ist mir sofort aufgefallen, denn er trug die gleiche Dakine-Mütze wie ich, einfach in Schwarz, und ich hatte eine weisse.» Marilyne: «Wir verstanden uns auf Anhieb sehr gut und hatten es vom ersten Tag an lustig zusammen. Aber er hatte bereits eine Freundin, und ich war damals auch noch in einer anderen Beziehung.» Danach arbeiteten die beiden im Zentralstellwerk in Bern, wo sie im gleichen Raum sassen und genau die gleiche Arbeit erledigten. Sie sagt: «Wir verdienten sogar praktisch genau gleich viel – ich glaube, ich hatte aufs Jahr gesehen rund 50 Franken mehr.» Ein Paar waren sie da aber noch lange nicht.
ZUG UM ZUG: Marilyne Rupp und Simon Käsermann sorgen dafür, dass die Züge der BLS und der SBB reibungslos aneinander vorbeikommen. (Fotos: Keystone)
Bei der Ferieneinteilung für den Sommer 2011 merkten sie dann, dass sie per Zufall genau die gleichen zwei Wochen Ferien eingegeben hatten. Die Schwester von Simon arbeitete damals in einem Hotel auf den Malediven, und da sie beide grad keine anderen Pläne hatten, beschlossen sie, zusammen dorthin zu reisen. Ohne weitere Absichten, wie sie beide lachend betonen.
Erst als Marilyne im November 2011 mit einer Knieverletzung im Spital lag, wurde ihr bewusst, dass Simon tatsächlich der wichtigste Mensch in ihrem Leben war: «Er war der erste, den ich aus dem Spital anrief!» Und Simons Mutter soll damals zu ihm gesagt haben: «Geh sie im Spital besuchen, jetzt kann sie dir nicht davonrennen!» Jeden Abend vor der Nachtschicht ging er für eine Stunde bei ihr vorbei. Marilyne sagt: «Irgendwann fragte meine Zimmernachbarin, ob das mein Freund sei, und ich wusste nicht, was sagen.»
LIEBER UM DIE WELT ALS NACH OLTEN. Und so wurden die beiden langsam, aber sicher auch offiziell ein Paar. Nun hätten sie sich eine Wohnung nehmen und das gemeinsame Leben gemütlich angehen können. Aber so einfach wollten sie es sich nicht machen – um ihre Liebe zu testen, beschlossen sie, erst einmal zusammen um die Welt zu reisen.
Im August 2015 kündigten sie ihre Jobs und ihre Wohnung und verabschiedeten sich für zwei Jahre. Denn im November 2015 wurde das Zentralstellwerk Bern aufgelöst und in Olten zentralisiert. Simon: «Wir hatten damals beide keine Lust, nach Olten zu ziehen. Also haben wir gekündigt, und das war der perfekte Moment für eine Weltreise – uns war klar, wir machen das jetzt oder nie.» Im Scherz drohte sie ihm vor der Reise noch an: «Wenn wir als Paar wieder zurückkommen, dann werde ich dich heiraten!»
HEIRATSANTRAG IN DÜNNER LUFT. Zurück von der Weltreise, liess Simon sich in Olten als Zugverkehrsleiter anstellen. Marilyne ging zur BLS in Bern, wo sie nun als Disponentin auf der Leitstelle Personenverkehr arbeitet. Im August 2017 unternahmen die beiden zusammen eine Ferienreise nach Afrika. Auf dem Gipfel des Kilimanjaro (5895 m ü. M.) machte Simon schliesslich den Heiratsantrag. Sie erinnert sich: «Die Luft war so dünn, dass er kaum mehr die Kraft hatte, die Schachtel aufzumachen, also musste ich den Ring selber auspacken!» Nun lachen sie darüber, was wohl aus ihnen geworden wäre, wenn sie vor lauter Atemnot den Gipfel nicht erreicht hätten! Geheiratet haben sie dann diesen Sommer.
Marilyne Rupp & Simon Käsermann Sie: BLS, Er: SBB
Marilyne Rupp aus Biglen im Emmental und Simon Käsermann aus Nidau BE sind beide ausgebildete Zugverkehrsleiter und SEV-Mitglieder. Simon hat nach der Matura ein Semester Informatik studiert, fand aber bald, dass die Uni nichts für ihn sei. Er machte lieber die Ausbildung als Zugverkehrsleiter. Marilyne machte eine KV-Lehre im öffentlichen Verkehr und liess sich danach zur Zugverkehrsleiterin ausbilden.
SPORTLICH. In ihrer Freizeit gehen sie wandern, Rennvelo fahren und snowboarden. Dabei erfordert das Organisieren mit den unregelmässigen Schichtplänen einiges Geschick. Marilyne: «Manchmal drücken wir einander am Montag die Türfalle in die Hand und sagen, ‹also bis Samstag dann!›.» In Zukunft werden sie sich nun regelmässiger sehen. Denn Simon wechselt diesen Herbst in die SBB-Informatik. Er wird dort die Programme bedienen für die Ansagen und Anschriften an den Bahnhöfen. An seinem neuen Arbeitsort in Bern hat er Gleitzeit von Montag bis Freitag.
Sie verdient brutto 80’081 Franken im Jahr, er kommt auf 80’642 Franken. Eine Zeitlang sei es aber so gewesen, dass sie etwa 50 Franken im Jahr mehr verdient habe. Die beiden schmunzeln: «Aufs Ganze gesehen, ist es bei uns total ausgeglichen!»