Jean Ziegler
Ernesto Che Guevara, der argentinische Arzt und Kommandant der bolivianischen Befreiungsarmee, war mit den letzten 18 seiner Guerrilleros in der Quebrada del Yuro, einer engen Schlucht zwischen zwei Bergketten in Südbolivien, eingekesselt. Er wurde gefangen genommen und in das Schulhaus des Dorfes La Higuera gebracht. Dort erschoss ihn in der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober 1967 der Unteroffizier Mario Terán. Mit einem Schweizer Sturmgewehr. Die Firma SIG Schaffhausen hatte es der Killertruppe des bolivianischen Diktators René Barrientos verkauft.
KOMPLIZEN AUS STANS. Die blutige Spur der Schweizer Waffenschieber zieht sich durch die Geschichte der Dritten Welt. Das vorläufig letzte Verbrechen der helvetischen Händler mit dem Tod ist Ende Oktober in Saudiarabien aufgeflogen. Beim Pilatus-Konzern in Stans NW bauen 2000 Angestellte Flugzeuge, die weltweit als Schulungsflugzeuge angepriesen werden. Die meisten von ihnen werden jedoch ausserhalb der Schweizer Grenze mit Bordkanonen und schweren Maschinengewehren zu Kampfflugzeugen umgerüstet.
Die Arroganz der Pilatus-Bosse ist abgrundtief. Im Geschäftsbericht 2017 verkünden sie stolz, dass es ihnen gelungen sei, einen neuen sogenannten Supportvertrag mit der saudischen Luftwaffe abzuschliessen. Im Pilatus-Stützpunkt von Riad steige die Zahl der Mitarbeiter rasant, heisst es weiter.
Ohne den Pilatus-Konzern könnte die saudische Luftwaffe ihren Krieg in Jemen nicht führen.
Sie rüsten nämlich nicht nur die Flugzeuge auf, sondern stellen auch die Trainings-Infrastruktur zur Verfügung. Zum Beispiel die Simulatoren, ein weltweit begehrtes effizientes Produkt schweizerischer Präzisionsindustrie. Beat Gerber ist Sprecher von Amnesty International Schweiz. Er stellt trocken fest: «Ohne intensives Training könnten die Kampfpiloten der saudischen Luftwaffe in Jemen keine Ziele angreifen und Bomben abwerfen.»
Ein Bundesgesetz verlangt, dass Supportverträge mit ausländischen Armeen dem Departement des Äusseren (EDA) gemeldet werden müssen. Der Stanser Konzern hat das jedoch nicht getan. Der neuste Vertrag mit den saudischen Massenmördern datiert von Anfang 2017. Das Bundesgesetz – auch «Söldner-Gesetz» genannt – ist streng. Wer es verletzt, riskiert Haft und hohe Bussen.
100’000 TOTE. Seit März 2015 führt eine Koalition Saudiarabiens mit den Vereinigten Arabischen Emiraten gegen den schiitischen Teil der Bevölkerung Jemens einen fürchterlichen Vernichtungskrieg. Dabei herrscht Arbeitsteilung unter den Massenmördern: Die Vereinigten Arabischen Emirate stellen die Bodentruppen, die Saudis führen den Krieg aus der Luft. Sie bombardieren systematisch Spitäler, Schulen, Schulbusse und Wohnquartiere. Gemäss Uno sind in den vergangenen drei Jahren über 100’000 jemenitische Kinder, Frauen und Männer verwundet oder getötet worden.
Es ist zu hoffen, dass Bundesrat und Parlament endlich erwachen und dass die Pilatus-Mogule schleunigst ihre gerechte Strafe erhalten.
Jean Ziegler ist Soziologe, Vizepräsident des beratenden Ausschusses des Uno-Menschenrechtsrates und Autor.