Andreas Rieger
«Eine schöne Organisation mit vielen Leuten, die kämpfen wollen», so umschreibt Maurizio Landini (57) liebevoll seine Gewerkschaft. Eben hat ihn der Kongress der CGIL zu ihrem neuen Generalsekretär gewählt, zum Nachfolger von Susanna Camusso (siehe Interview unten). Die Confederazione Generale Italiana del Lavoro, CGIL, ist mit über fünf Millionen Mitgliedern die grösste Gewerkschaft Europas. Sie organisiert Arbeitende aus allen Branchen, ist in den Betrieben gut verankert und streikfähig. An 40’000 Versammlungen hatte die Basis den Kongress vordiskutiert.
GESCHLOSSENHEIT. Landini (57) hatte einst eine Schweisserlehre gemacht und war als Gewerkschafter lange in der Industrie aktiv. Jetzt, als neuer CGIL-Chef, umreisst er die Herausforderung für seine Gewerkschaft angesichts der desolaten Situation in Italien so: «Wir müssen nicht allein in den Betrieben kämpfen, sondern auch in der Gesellschaft. Ein anderes Italien ist möglich.» Und auch dringend nötig, denn Italiens Wirtschaft stagniert seit zwei Jahrzehnten, die Jobs werden immer prekärer, und alle Regierungen wollen die Lösung der Probleme dem Markt überlassen. Die ehemals sehr starke italienische Linke ist jedoch heute nur noch ein Scherbenhaufen. Umso stärker rief die Basis am Kongress nach Geschlossenheit der Gewerkschaft: Landini erhielt schliesslich 93 Prozent der Delegiertenstimmen.
«Ein anderes Italien ist möglich.»
Die CGIL ist derzeit die stärkste soziale und demokratische Gegenmacht zur italienischen Regierung. Deren Einpeitscher ist der autoritäre und fremdenfeindliche Innenminister Matteo Salvini, einer der gefährlichsten der harten rechten Männer, die heute die Welt unsicher machen. Ihm will die CGIL die Stirn bieten. Bereits für den 9. Februar ruft sie auf zu einer nationalen Grossdemo gegen die Regierungspolitik.
Dem CGIL-Chef Landini ist aber klar, dass der Kampf nicht allein in Italien gewonnen werden kann. Dass es die Zusammenarbeit der Gewerkschaften anderer Länder braucht. Er verspricht: «Wir werden unser Engagement über die Grenzen hinweg verstärken.» Und befördert die abtretende Camusso flugs zur «CGIL-Botschafterin», denn: «Der Slogan ‹Proletarier aller Länder vereinigt euch› ergibt auch heute noch Sinn!»
Andreas Rieger war Co-Präsident der Unia. Er ist in der europäischen Gewerkschaftsbewegung aktiv.