Noch ist das Rahmenabkommen mit der EU nicht offiziell tot. Aber es riecht immer strenger. Die letzten zwei Wochen im Überblick.
ALLEIN AUF WEITER FLUR: Bundesrat Ignazio Cassis ist mit seinem Rahmenabkommen in der Regierung völlig isoliert. (Foto: Keystone)
DAS EUROPA-PARLAMENT
Am 26. Februar verabschiedete das EU-Parlament eine Resolution zum Rahmenabkommen, das die flankierenden Massnahmen als «unverhältnismässig einseitig» bezeichnet. Aber knapp: Nur mit 330 zu 303 Stimmen blieb dieser Abschnitt überhaupt in der Vorlage. Auch dieses Abstimmungsresultat zeigt einmal mehr: die Position der Schweizer Gewerkschaften wird von den fortschrittlichen Kräften in Europa gestützt. Es geht nicht darum, dass «die EU» den Schweizer Lohnschutz schleifen will, sondern es sind die marktradikalen Kräfte in der EU und ihre Schweizer GLP- und FDP-Freunde um den Aussenminister Ignazio Cassis.
DER BUNDESRAT
Bundesrat Ignazio Cassis ist mittlerweile mit seiner Haltung zum Rahmenabkommen in der Regierung völlig isoliert. Seine letzte Idee: Er wollte noch vor Abschluss der laufenden Konsultationen nach Brüssel düsen und dort «Klarstellungen» abholen – und im Sommer dann das Rahmenabkommen unterzeichnen. Er war der einzige im Bundesrat, der das für eine gute Idee hielt.
DER NATIONALRAT
Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates erwartet vom Bundesrat, dass er die «strittigen Punkte» mit der EU kläre und, falls das gelingen sollte, das Rahmenabkommen «innerhalb eines Jahres» unterschreibe.
DIE BAUMEISTER
Der Baumeisterverband ist grundsätzlich für ein Rahmenabkommen mit der EU. Aber nicht in der vorliegenden Form. Der Zentralvorstand verlangt die Sicherung der flankierenden Massnahmen. Und dass die Schweizer Sozialpartner ausdrücklich als verantwortliche Stellen im Vollzug der flankierenden Massnahmen anerkannt werden. Ausserdem verlangen die Baumeister ausdrücklich die «Garantie» von «länderspezifischen Ausnahmen» – sprich: flankierenden Massnahmen.
DER MIETERINNENVERBAND
Er hat die Folgen des vorliegenden Rahmenabkommens für die Wohnbaupolitik untersuchen lassen – und ist beunruhigt. Die bewährte Schweizer Wohnbauförderung durch Bund, Kantone und Gemeinde ist gefährdet. Der Verband verlangt, dass Bundesrat und EU garantieren, dass die Wohnraumpolitik nicht vom Rahmenabkommen betroffen sei. Sie soll zudem auch aus dem Anwendungsbereich des neuen Freihandelsabkommens und aller künftigen sektoriellen Abkommen ausgenommen werden. Verbandspräsident und SP-Nationalrat Carlo Sommaruga: «Vorher ist es nicht möglich, dem Rahmenvertrag zuzustimmen.»
Unterschreiben!
Den Aufruf «Unser Nein zum vorliegenden Rahmenabkommen Schweiz – EU ist ein Ja zu einem sozialen Europa, zur Personenfreizügigkeit und zu starken Arbeitnehmerrechten für alle!» können Sie hier unterzeichnen:
www.loehne-statt-grenzen-schuetzen.ch
DER LOHNSCHUTZ-AUFRUF
Vor zwei Wochen lancierten über 130 Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur, Politik und Gewerkschaften den Aufruf «Ein Nein zum vorliegenden Rahmenabkommen Schweiz – EU ist ein Ja zu einem sozialen Europa, zur Personenfreizügigkeit und zu starken Arbeitnehmendenrechten!» (work berichtete). Er stösst in der Schweiz wie in Europa auf grosses Interesse. Die Unterzeichnendenliste wächst und wächst. Unter den Erstunterzeichnenden ist auch Ex-Aussenministerin Micheline Calmy-Rey. Sie doppelte im Schweizer Radio nach: «Das, was jetzt auf dem Tisch liegt, kann nicht unterschrieben werden.»