(Foto: Yves Thomi)
Die haben einen jungen, toten Wal gefunden, der hatte 40 Kilo Plastic im Bauch. Mir persönlich wär’s lieber, wenn das viele Plastic im Menschen wär statt im Wal. Aber dann tun mir die Frauen doch leid, die so aufgespritzte Lippen haben und chugelrunde Brüste fast am Hals oben. Dasch doch komisch. Ich glaub, es heisst plastische Chirurgie wegen dem Plastic. Es gibt so viele Schönheits-OP wie noch nie, vor allem bei jungen Frauen. Wieso wollen immer mehr junge Frauen als läbige Barbies rumlaufen? Dasch doch gaga. Klar ich mach auch chli Sache: Beinhaare, Damenbart, Pedicüre, Schminke und so. Aber das ist ja immerhin nur äusserlich. Ausserdem bin ich erwachsen und damit hoffentlich halbwegs zurechnungsfähig.
HIER UND JETZT. Aber die jungen Frauen, die sich snapshoten, instagramen, tiktoken und posten, die sind in einer sehr empfindlichen Phase. Sonst brauchte es ja keine Influencer. Die gibt’s nur, weil es auch influenzbare Leute gibt. Zum Beispiel das 16jährige Meitli Michelle, das sich, seit sie 13 ist, die Lippen aufspritzen lässt und jetzt für eine Brustvergrösserung spart. Sie sagt: «Ich lebe im Hier und Jetzt.
Darum mache ich das. Wenn ich alt bin, bin ich eh hässlich.» Also für das Hier und Jetzt kann sie wirklich nichts. Das Hier und Jetzt ist halt schon krass, wo alt als hässlich gilt und die Leute erst 30 Föteli machen, bis sie endlich so aussehen, wie sie wirken wollen, und das Bild dann noch bearbeiten. Ich mein, wie sollen wir uns da noch gut fühlen, einfach so,
wie wir sind?
Irgendwann landen die Schlauchbootlippen im Meer.
HUERE DÜRENAND. Man sieht ja die meiste Zeit gerade nicht so aus wie auf dem einen bearbeiteten Superfoti. Aber am Schluss haben alle das Gefühl, die 99 Prozent normalen Momente seien die falschen und nur der eine bearbeitete Moment sei der echte. Und das gibt ein huere Dürenand. Und Druck, gerade auf die Frauen. Und Schlauchbootlippen. Und irgendwann ist fertig, und unsere Implantate und Schlauchboote landen im Meer, und die jungen Wale verderben sich den Magen. Deshalb bini gäge Schönheitsoperationen.
Sandra Künzi lebt und büglet in Bern. Sie mag Jassen, Schafe, Feuer und Bier. Zurzeit bereitet sie sich und uns auf den Frauenstreik vom 14. Juni 2019 vor: Ahoi!