Europawahlen: Sind die Linken nun abgestürzt oder nicht?
Für eine soziale Wende in der EU reicht es nicht

Nach den Europawahlen gehen die politischen Einschätzungen in alle Richtungen: Rutsch nach rechts. Absturz von Sozialdemokratie und Konservativen. Zersplitterung der Fraktionen. Grüne Welle. Was stimmt nun?

WAHLBILANZ: Die Sozialdemokraten sind wie erwartet in einigen Ländern abgestürzt. So in Deutschland, Italien und Frankreich. Aber es ist kein genereller Trend. In anderen Ländern haben sie Bestresultate erreicht, so in Spanien und Portugal. (Foto: Panthermedia)

Eines ist klar, der von den Medien vorher­gesagte Durchbruch der Rechtsaussenparteien fand nicht statt. Zwar legten Scharfmacherinnen wie die italienische Lega und die deutsche AfD zu. Aber unter dem Strich ist ihre Fraktion im Europäischen Parlament nur gerade die fünftgrösste. Das reicht nicht mal für eine Verhinderungspolitik.

ADERLASS BEI CHRISTDEMOKRATEN

Haare lassen mussten die Christlichdemokraten. Sie verloren fast einen Fünftel ihrer ­Parlamentssitze. Aderlass etwa bei Silvio Berlusconi in Italien, bei Manuel Rajoy in ­Spanien, bei Angela Merkel in Deutschland. Aber die Fraktion bleibt die Nummer eins im Europäischen Parlament.

Beinahe verdoppelt hat sich die Fraktion der Liberalen. Sie ist ein Sammelsurium von Neoliberalen wie der deutschen FDP, Mittepolitikerinnen und -politikern von den Beneluxländern bis zu Frankreichs Emanuel Macron. Diese Fraktion ist nun die drittgrösste und hat bei der Bildung der EU-Kommission erstmals ein wichtiges Wort mitzureden.

Durchzogen ist das Ergebnis auf der Seite der fortschrittlichen Parteien. Die So­zialdemokraten sind wie erwartet in einigen Ländern abgestürzt. So in Deutschland, Italien und Frankreich. Aber es ist kein gene­reller Trend. In anderen Ländern haben sie ­Bestresultate erreicht, so in Spanien und Portugal. Oder sie haben sich von früheren Verlusten erholt wie in den Niederlanden. Insgesamt haben die Sozialdemokraten über einen Fünftel der Sitze eingebüsst. Sie bleiben aber die zweitgrösste Fraktion im Europäischen Parlament.

Für die Gewerkschaften ist es jetzt schwierig, aber nicht un­möglich, soziale Lösungen durchzusetzen.

GANZ LINKS VERLIERT

Schlimmer sieht es aus für die Parteien links der Sozialdemokratie. Sie haben kaum zugelegt, aber in wichtigen Ländern verloren. So Die Linke in Deutschland und Podemos in Spanien. In Italien hat L’altra Europa gleich alle Sitze verloren. Insgesamt hat die Fraktion der Linken einen Drittel ihrer Sitze eingebüsst und gehört nun zu den Schlusslichtern im Parlament.

GRÜN GEWINNT

Sehr gut haben dafür die Grünen abgeschlossen. In den Ländern, in denen sie seit Jahren eine beharrliche Arbeit leisten, konnten sie ihre Sitze stark ausweiten (Deutschland), ja sogar verdoppeln (Frankreich).

Mit diesem Resultat ist es für die Gewerkschaften schwierig, aber nicht unmöglich, im Europäischen Parlament in einzelnen Fragen soziale Lösungen durchzusetzen. Aber für eine soziale Wende reicht es nicht.

2 Kommentare

  1. Peter Leuenberger 10. Juli 2019 um 15:59 Uhr

    Schlecht recherchiert. In Belgien hat die Partei der Arbeit (PTB/PVDA), also „ganz links“, gewonnen! Marc Botenga verstärkt die europäische Linksfraktion im Europaparlament. Bei den gleichzeitigen Wahlen in belgische Parlament hat die marxistische Arbeiterpartei ihre Sitzzahl von 2 auf 12 gesteigert! Mit Bitte um Kenntnisnahme:
    https://www.ptb.be/le_ptb_sera_une_locomotive_de_la_gauche_au_niveau_europ_en?utm_campaign=190531_newsletter_f&utm_medium=email&utm_source=pvdaptb

Schreibe einen Kommentar

Bitte fülle alle mit * gekennzeichneten Felder aus.