Andreas Rieger
«Spektakulär». So titelte der Deutschlandfunk den Lohnabschluss für den öffentlichen Dienst: Um mehr als drei Prozent steigen die gesamtarbeitsvertraglichen Bruttolöhne in Deutschland in diesem und auch im nächsten Jahr für rund eine Million Mitarbeitende der Bundesländer. Einen richtigen Sprung nach oben machen die Löhne der Beschäftigten in der Krankenpflege. Ihre Arbeit wird endlich aufgewertet – sie erhalten pro Monat 400 bis 700 Euro mehr Lohn! «Das ist der beste Abschluss für die Länder seit Jahren», bilanziert der Verhandlungsführer der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske.
Der beste Abschluss seit Jahren.
STREIKS. Diese Lohnerhöhung ist kein Einzelfall in Deutschland. Auch in der Industrie und den privaten Dienstleistungen gibt es sehr gute Abschlüsse. Laut der neusten Statistik steigen die kollektivvertraglich ausgehandelten Löhne seit sechs Jahren um durchschnittlich 1,5 Prozent. Real, nach Abzug der Teuerung. Das war nur möglich mit den Streiks, wie sie die Mitarbeitenden in Kitas und Pflegeheimen, in der Maschinenindustrie oder im Detailhandel führten.
Welch ein Unterschied zur düsteren Ära unter Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) ab 2001. Da dumpte Deutschland halb Europa. Die Reallöhne sanken. Nicht so sehr im Bereich der Kollektivverträge, sondern vor allem im prekären Tieflohnsektor, der immer grösser wurde. Dieses Problem ist in Deutschland bis heute nicht gelöst. Der gesetzliche Mindestlohn ist mit 9,19 Euro pro Stunde viel zu tief. Hier gehen nun die Gewerkschaft Verdi, die SPD und die Grünen in die Offensive und verlangen 12 Euro.
ERFOLG. Im Unterschied zu Deutschland waren wir in der Schweiz mit der Mindestlohnkampagne bereits ab dem Jahr 2000 erfolgreich. Wir konnten den Tieflohnsektor begrenzen, der bei uns gerade mal halb so gross ist wie in Deutschland. Was die allgemeine Lohnentwicklung angeht, sieht die Schweiz jedoch alt aus. Nur etwas mehr als ein halbes Prozent betrug die durchschnittliche Reallohnentwicklung in den letzten fünf Jahren bei uns. In einzelnen Branchen wie dem öffentlichen Dienst oder dem Transport liegt sie gar bei null. Und dies trotz Jahren saftiger Gewinne in den Unternehmen!
Höhere Löhne sind heute auch deshalb aktuell, weil die Konjunktur stottert. In Deutschland wie in der Schweiz schwächelt die Industrie. Umso wichtiger ist die Stärkung der Binnenwirtschaft mit kräftigen Reallohnerhöhungen.
UND IN DER SCHWEIZ LÄSST MAN SICH MIT „MINI-LOHNERHÖHUNGEN“ ABSPEISEN. OBWOHL VON DEN MIETEN UND DEN KRANKENKASSEN-PRÄMIEN BIS ZU VIELEN PRODUKTEN DES TÄGLICHEN GEBRAUCHS, ÜBERTEUERTE PREISE AN DER TAGESORDNUNG SIND! DAZU BRAUCHT ES ABER ARBEITNEHMER, FRAUEN WIE MÄNNER, DIE BEREIT SIND, ZU KÄMPFEN!
„WER ES UNTER SEINER WÜRDE FINDET, MIT SEINEN ARBEITSKAMERADEN FÜR EIN BESSERES DASEIN ZU KÄMPFEN, VERDIENT ES AUCH NICHT, IN EINER BESSEREN WELT ZU LEBEN“!