Vor zwei Wochen enthüllte work die Lohn-Gaunereien von SRI-Hauptaktionär und Immo-Chef Daniel Bächtold und seiner Baumanagement-Bude. Das förderte abermals dubiose Machenschaften zutage.
ER IST’S! Skandal-Bauunternehmer Bächtold scheut das Licht, erstmals zu sehen war sein Kopf im letzten work.
In letzter Sekunde schickte Daniel Bächtold noch seinen Anwalt los. Der sollte unbedingt verhindern, dass im «St. Galler Tagblatt» ein Artikel über die dubiosen Machenschaften seiner SRI Baumanagement AG erscheint. Niemand sollte von der um mehrere Monatslöhne geprellten und dann entlassenen SRI-Belegschaft erfahren. Und auch nicht von den rumänischen und tschechischen Bauarbeitern, denen die SRI noch Tausende Franken schuldet. Doch der Anwalt scheiterte. Das «Tagblatt» druckte die Geschichte – und zwar auf einer Doppelseite. Tags darauf machte work weitere Gaunermethoden der SRI publik und zeigte erstmals auch ein Foto von Hauptaktionär und De-Facto-Chef Bächtold (siehe rebrand.ly/entlarvt). Seither stehen leider immer noch sämtliche Löhne aus. Aber immerhin lösten die brisanten Enthüllungen Reaktionen aus.
So spielte ein unbekannter Kurier work einen Betreibungsregisterauszug über die SRI zu. Dieser zeigt, wie umfassend der Bschiss der Baufirma ist: Über 40 Gläubiger fordern zusammen rund eine Million Franken! Kleine Handwerksfirmen warten ebenso auf ihr Geld wie grosse Generalbauunternehmen. Und auch der öffentlichen Hand fehlen Hunderttausende Franken, namentlich den Sozialversicherungen Appenzell Ausserrhoden, der Suva, den Steuerverwaltungen der Kantone Neuenburg, St. Gallen sowie der Städte Arbon und St. Gallen und der Eidgenossenschaft.
So massiv die Schulden, so dreist die Reaktion der SRI: Sie blockiert die Betreibungen ganz einfach per Rechtsvorschlag. Ein solcher kostet nichts, braucht keine Begründung und hat für den Schuldner den Vorteil, dass er Zeit gewinnt und der Gläubiger nun bis vor Gericht ziehen muss.
Über 40 Gläubiger fordern zusammen rund eine Million Franken.
NOCH MEHR GEPRELLTE
Nach den work-Enthüllungen meldete sich auch die Gewerkschaft Syna. Sie lässt wissen, dass auch sie einen «äusserst struben Fall» im Zusammenhang mit Bächtolds Immo-Imperium bearbeite. Dazu Syna-Sekretär Daniel Zoričić: «Eines Tages klopften 16 rumänische Arbeiter bei uns an. Allen fehlten bis zu zwei Monatslöhne.» Höchst entlarvend waren dabei die Anstellungsverhältnisse der Rumänen. Zoričić fand nämlich heraus, dass sie erst für die SRI Baumanagement AG tätig waren, aber plötzlich – und ohne Kündigung – an die CPI Immobilien AG weitergereicht und von dieser unter Vertrag genommen wurden.
Damit nicht genug: «Trotz den Arbeitsverträgen mit der CPI zahlte monatelang die SRI die Löhne!» Erstaunlich ist das nur auf den ersten Blick. Denn die CPI ist wie die SRI ein Vehikel unter Bächtolds Kontrolle und gehört zu seinem undurchsichtigen Firmengeflecht. Allein die CPI hat in wenigen Jahren viermal den Namen, siebenmal den Firmensitz und fast so oft den Verwaltungsrat gewechselt. Diesen bekleideten stets Strohmänner Bächtolds, mehrmals auch rumänische Baubüezer.
Syna-Mann Zoričić jedenfalls fordert von der CPI insgesamt 380’000 Franken und hat die Betreibung eingeleitet. Er erwartet eine Konkurseröffnung im neuen Jahr. Erst dann könnten die ausstehenden Lohnforderungen durch eine Insolvenzentschädigung – das heisst durch die öffentliche Hand – gedeckt werden.
KALKULIERTER KONKURS
Gleich wie der CPI dürfte es der Pleitefirma SRI ergehen. Ob aber eine Nachlassstundung gewährt oder ob der Konkurs über sie verhängt wird, will das Kreisgericht St. Gallen auf Anfrage nicht sagen. Bloss so viel: Es seien in den letzten Tagen zahlreiche diesbezügliche Fragen eingegangen. Keine Auskunft gibt auch die St. Galler Staatsanwaltschaft über allfällige Verfahren gegen die Hintermänner des dubiosen und möglicherweise betrügerischen Firmengeflechts.
Eines jedenfalls ist klar: Mit einem Konkurs kämen sowohl die SRI als auch die CPI ziemlich billig davon, denn wertvolle Maschinen oder Immobilien, die als Konkursmasse verscherbelt werden könnten, sind kaum mehr vorhanden. Eine günstige Lösung wäre der Konkurs insbesondere für Daniel Bächtold, der offiziell nur Aktionär ist und als solcher allein nicht mit seinem Privatvermögen haften würde. Und schliesslich ist eine Ersatzfirma für die SRI längst eröffnet und wirtschaftet in St. Gallen bereits munter drauflos. Trotzdem will die SRI einen Konkurs unbedingt noch abwenden. Denn sie schielt noch auf über 3 Millionen Franken, die sie in einem laufenden Rechtsstreit gegen die Pensionskasse der SBB herausholen will.
Dass eine Mischlerei wie im Fall SRI/CPI und ein solcher Missbrauch des Konkursverfahrens überhaupt möglich sind, liegt an der laschen Gesetzgebung im Strafrecht, im Obligationenrecht und im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht.
NATIONALRAT HANDELT
Das hat das Parlament zwar schon Anfang 2012 erkannt und den Bundesrat mit einer Gesetzesänderung beauftragt. Doch dieser liess sich bis Ende Juni 2019 Zeit, um einen entsprechenden Entwurf vorzulegen. Unia-Industriechef Corrado Pardini hat kein Verständnis für diese Gemütlichkeit. Denn: «Die Sozialpartner und eine parteiübergreifende Parlamentsmehrheit haben das Problem längst erkannt und benannt.» Und noch aus einem Grund sei die Wartezeit von über 8 Jahren stossend: «Wenn man nämlich vergleicht, wie pressant der Bundesrat jeweils bei Steuersenkungen aufs Gaspedal drückt!» Pardini hat nun jedenfalls etwas nachgeholfen und im Nationalrat eine zusätzliche Motion durchgebracht. Sie verlangt ein griffiges Gesetz gegen den Handel mit überschuldeten Gesellschaften und gegen betrügerische Kettenkonkurse.
In einem gesunden Rechtssystem dürften solche sich über Jahre hinziehenden Skandalfälle nicht möglich sein. Dies ist ein Fall für sich, der einer einer eigenen Untersuchung bedürfte.