Acht Jahre kämpfte Corrado Pardini im Bundeshaus für die Sache der Arbeitnehmenden. Jetzt ist er nicht wieder gewählt. «Das ist ein herber Verlust», sagt Unia-Chefin Vania Alleva. Und nicht nur sie.
CORRADO PARDINI: «Es gibt noch viel zu tun, und Politik beschränkt sich nicht auf das parlamentarische Pflaster.» (Foto: Keystone)
Die schlechte Nachricht am späteren Abend des Wahlsonntags wirkte erst mal wie ein Schock: Unia-Industriechef Corrado Pardini hat seine Wiederwahl in den Nationalrat nicht geschafft. Dies als schweizweit bekannter, rührig-eloquenter, linker Politiker und Gewerkschafter. Als Kämpfernatur. Dies, obwohl er persönlich ein besseres Resultat erzielte als noch 2015. Seine ehemalige Nationalratskollegin Susanne Leutenegger Oberholzer sagt: «Noch mag ich es kaum glauben. Und sie ergänzt: «Seine Abwahl ist die Folge der SP-Verluste und der getrennten Berner SP-Listen.»
Pardinis Nichtwiederwahl ist hart. Für die Gewerkschaften, die ihren «führenden Industriegewerkschafter» (Ex-SGB-Chef und SP-Ständerat Paul Rechsteiner) in Bundesbern verlieren. Sie gewinnen im Nationalrat zwar den neuen SGB-Chef Pierre-Yves Maillard dazu, die wiedergewählte VPOD-Chefin Katharina Prelicz-Huber sowie die grüne Tessiner Transfair-Gewerkschafterin Greta Gysin. Und wer weiss, vielleicht wird der Präsident des Walliser Gewerkschaftsbundes, Mathias Reynard, der auch für den Ständerat kandidiert, am 3. November noch ins Stöckli gewählt.
«Pardini vertrat noch die Büezer.»
HERZBLUT
Trotzdem: «Die Abwahl ist ein herber Verlust», sagt Unia-Chefin Vania Alleva: «Corrado Pardini wird uns fehlen» (Seite 10). Er habe sich im Parlament «überzeugend» für die Interessen der Arbeitnehmenden eingesetzt. Das findet anerkennend über alle Parteigrenzen hinweg auch der ehemalige SVP-Nationalrat und Unternehmer Adrian Amstutz, von dem Pardini mal sagte: «Wenn Adrian und ich uns die Hand gegeben haben, habe ich ein gutes Gefühl.» Amstutz: «Corrado Pardini vertrat im Parlament noch Büezer und Angestellte.» Das könne man nicht von allen Roten sagen.
Hart ist es jetzt auch für Corrado Pardini selber, der derzeit keine Interviews gibt. Einen Tag nach Bekanntgabe der Hiobsbotschaft meldete er sich aber via Facebook zu Wort. Er schrieb:
«Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Kolleginnen und Kollegen:
Ich musste leider gestern abend zur Kenntnis nehmen, dass wir zwei Sitze verloren haben und ich damit nicht mehr in den Nationalrat gewählt worden bin. Dies nach acht Jahren, in denen ich mich im Nationalrat mit Herzblut für eine offene, soziale und ökologische Schweiz engagiert habe.
Ich möchte an dieser Stelle Euch allen für Eure Unterstützung danken. Ich habe mich in den vergangenen Wochen, Monaten und Jahren von Euch getragen gefühlt. Ihr habt mir immer wieder das Gefühl vermittelt, dass sich mein Einsatz lohnt und geschätzt wird.
Wie es weitergeht, ist im Moment offen. Eines weiss ich sicher: Es gibt noch viel zu tun, und Politik beschränkt sich nicht auf das parlamentarische Pflaster.
Solidarische Grüsse, Corrado.»
Darauf, dass sich Pardini weiterhin für die Arbeitnehmenden einsetzen wird, zählen auch Alleva und Rechsteiner. Einem Vollblutgewerkschafter gehe die Arbeit schliesslich nie aus.
Susanne Leutenegger Oberholzer, ehemalige Nationalrätin SP: «Untrüglicher politischer Instinkt»
Susanne Leutenegger Oberholzer. (Foto: Foto: raphael Hünerfauth)
«Noch mag ich es kaum glauben. Corrado Pardini, die starke Stimme der Lohnabhängigen, wird man im Nationalrat in der kommenden Legislatur nicht mehr hören. Seine Abwahl ist die Folge der SP-Verluste und der getrennten Berner SP-Listen. Corrado kämpfte in den acht Jahren im Parlament konsequent für die Rechte der Arbeiterinnen und Angestellten, die soziale Sicherheit und den Service public. Er setzte sich zum Schutz der Löhne an vorderster Front gegen jede Aufweichung der flankierenden Massnahmen beim Rahmenabkommen mit der EU ein. Dies auch ohne Rücksicht auf persönliche Hiebe.
Für mich war Corrado ein Kollege, auf den man sich politisch verlassen konnte. Die Linke, aber auch das Parlament verlieren mit Corrado einen Kämpfer mit untrüglichem politischem Instinkt, einen eloquenten Debattierer mit grossem Gestaltungswillen. Er wird seinen Einsatz für die Lohnabhängigen und die Erhaltung der Arbeitsplätze vor allem auch als Industriechef in der Unia mit aller Kraft fortsetzen. Davon bin ich überzeugt.»
Paul Rechsteiner, Ex-SGB-Präsident und SP-Ständerat: «Schlagende Rhetorik»
Paul Rechsteiner. (Foto: Keystone)
«Corrado Pardini gehörte im Parlament zu den führenden und prägenden Vertretern der Gewerkschaften. Dies umso mehr, als er in der wichtigen Wirtschaftskommission des Nationalrats Einsitz hatte. Dazu kam seine schlagende Rhetorik. Er verstand es, seine Argumente auch zu vermitteln. Seine Abwahl hat nichts mit ihm und seiner Arbeit zu tun, sondern ist das Resultat einer unglücklichen Listenkonstellation. Ich hoffe, dass wir weiter auf ihn zählen können. Er ist und bleibt ein führender Industriegewerkschafter.»