In fast allen Branchen finden Veränderungen statt. Algorithmen ersetzen Lohnabhängige. Was braucht es eigentlich, damit der technische Fortschritt allen zugute kommt? Neue Erkenntnisse liefert die Fleischindustrie.
KÜNSTLICHES FLEISCH: Laborfleisch wird sich durchsetzen, wenn die Preise sinken. Das sollte kein Problem sein, weil man zur Produktion von Laborfleisch 10 Mal weniger Futter braucht. (Foto: David Parry / PA Wire, CC BY-ND)
Die Boni-Banker Sergio Ermotti (UBS) und Tidjane Thiam (CS) werden in den nächsten zwei Jahren Tausende in die Arbeitslosigkeit oder in die Frühpensionierung treiben. Algorithmen ersetzen Bankangestellte. Der Gipfel: Gleichzeitig fordert UBS-Ermotti die Erhöhung des Rentenalters, wo doch in keiner Branche weniger Menschen arbeiten, die mehr als 55 Jahre alt sind, als in der Bankenbranche.
FORTSCHRITT FÜR ALLE. Veränderungen erfassen derzeit alle Branchen. Damit der technische Fortschritt allen zugute kommt, muss die Quote der Löhne und Renten am Bruttoinlandprodukt der Schweiz steigen. Das geht nur mit noch mehr Gesamtarbeitsverträgen und mit noch stärkeren Gewerkschaften.
Parallel dazu muss der Denkplatz Schweiz gestärkt werden: wir müssen in Bildung und Ausbildung investieren. Und genügend Startkapital für Start-ups zur Verfügung stellen. Und drittens müssen Staat und Gesellschaft überlegen, wie man die von grossen Umbrüchen betroffenen Wirtschaftszweige zukunftsgerichtet umbauen kann und will. Doch alle Theorie ist grau. Konkrete Geschichten fördern in aller Regel den schnelleren Erkenntnisgewinn.
RINDVIEH. Die Ausgangslage in Sachen Fleischeslust: Schweizerinnen und Schweizer essen durchschnittlich pro Person mehr als 50 Kilo Fleisch pro Jahr. Tendenz leicht sinkend. Die Fleischpreise sind in der Schweiz doppelt so hoch wie im nahen Ausland. Das senkt die Kaufkraft der Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen, vorab wenn noch Kinder da sind. Nur wollen das viele Linke und Grüne nicht wahrhaben. Die hohen Schweizer Zölle sind unsoziale Strafsteuern.
Weltweit gibt es 1,7 Milliarden Kühe. In der mit Rindvieh überbevölkerten Schweiz 1 Million. Wir füttern sie mit dem Brot der Armen, mit Soya aus Brasilien. Und nennen das Landesversorgung. Dazu kommt: Tierische Fleischproduktion belastet das Klima massiv.
Innovative Teile des Kapitals wollen das ändern. Sie investieren in Vegi-Burger (work berichtete). Und sie investieren in Laborfleisch, auch die Migros. 35’000 Kühe würden weltweit ausreichen, um ihnen Stammzellen zu entnehmen und aus diesen in grossen Labors feine Steaks und beste St. Galler Bratwürste zu produzieren.
Expertinnen und Experten gehen davon aus: Laborfleisch wird sich durchsetzen, wenn die Preise auf das heutige Niveau der Fleischpreise sinken. Das sei kein Problem, weil man zur Produktion von Laborfleisch zehnmal weniger Futter brauche. Die entscheidende Frage aber ist: Auf das Niveau welcher Fleischpreise? Auf jenes in Rorschach oder jenes in Konstanz? Logo, jenes in Konstanz. Die Musik spielt dort, wo die Nachfrage lockt.
Lidl ist schon auf den Vegi-Zug aufgesprungen. Bell ist eine Coop-Tochter. Ex-Energieministerin Doris Leuthard hat vom Bundesrat direkt in den Bell-Verwaltungsrat gewechselt. Als Aushängeschild. Sie war fünf Jahre zuständig für die Landwirtschaft und zehn Jahre für den Umweltschutz. Wann legt sie uns in der NZZ ihr Konzept auf den Tisch?
Links zum Thema:
- rebrand.ly / bauernzeitung
Die «Schweizerische Bauern-zeitung» beginnt sich schon wieder mit Händen und Füssen gegen Laborfleisch zu stemmen. Argument: Nur wenn die Labors umweltfreundliche Energie verwenden würden, sei Laborfleisch klimaneutraler. Werden diese hundertpro machen. Weil bereits heute Windstrom und Sonnenstrom günstiger sind als Kohle- und Atomstrom.
- rebrand.ly/sauberes-fleisch
Die deutsche Tierschutzpartei setzt voll auf Laborfleisch. Wenn das auf dem Markt ist, werden die Schlachthäuser dem Sturm der Saboteure nicht mehr gewachsen sein.