Jean Ziegler
Der langjährige Nestlé-Präsident Peter Brabeck ist ein kluger und zudem recht sympathischer Mensch. Aber er bleibt ein beinharter Kapitalist. Seit Jahren führen er und sein Konzern einen millionenschweren Kreuzzug für die Privatisierung des Trinkwassers. Brabecks Argument: «Trinkwasser wird immer knapper. Deshalb muss sein Verbrauch eingeschränkt werden. Das kann nur gelingen, wenn das Trinkwasser einen Preis erhält. Wer Trinkwasser täglich kaufen muss, wird automatisch auf den Verbrauch achten.»
«Wird ein Metzgermeister Präsident des Vereins der Vegetarier, stelle ich mir Fragen.»
MÖRDERISCHE WASSERPRIVATISIERUNG. In einem Punkt hat Brabeck recht: Trinkwasser ist ein immer wertvoller werdendes Gut. Jeder dritte Mensch auf Erden ist schon heute gezwungen, verschmutztes Wasser zu trinken. Mit schlimmen Folgen: Mehr als 9000 Kinder unter zehn Jahren sterben pro Tag an unsauberem Trinkwasser und den dadurch verursachten Krankheiten. In verdrecktem Wasser verbreiten sich auch die Erreger der Cholera, die jetzt gerade in Jemen, im Südsudan und in Somalia wüteten.
Der Uno-Menschenrechtsrat sagt, dass der Zugang zu sauberem Trinkwasser ein universelles, nicht verhandelbares Menschenrecht sei. Seinen Gebrauch von der Kaufkraft abhängig zu machen ist eine mörderische Strategie.
Der Kampf zwischen den Wasserkonzernen und den Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten ist hart. Denn immer wieder verkaufen hochverschuldete Städte und Dörfer in Entwicklungsländern ihre Brunnen und Reservoire, ihre verrosteten Wasserleitungen und Kläranlagen beispielsweise an Nestlé, Bechtel oder Indosuez. Diese reparieren oberflächlich die Infrastruktur und verkaufen das Wasser an die Besitzenden. Die Armen trinken aus den Pfützen.
Bundesrat Ignazio Cassis hat im vergangenen Oktober Christian Frutiger zum neuen Vizedirektor der Deza (Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit) ernannt. Frutiger war zwölf Jahre lang Cheflobbyist von Nestlé und dabei vehementer Verfechter einer Wasserprivatisierung.
VERLOGENER CASSIS. Der Vorgang erinnert mich an eine Aussage des französischen Humoristen Coluche: «Wird ein Metzgermeister Präsident des Vereins der Vegetarier, stelle ich mir Fragen.» Umwelt- und Entwicklungsorganisationen der Schweiz haben eine Petition verfasst, die bereits 45000 Unterschriften trägt. Sie fordert die sofortige Absetzung Frutigers.
Die Antwort des Aussenministers: «Die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor ist ein strategisches Ziel.» Und weiter: «Beim Bewerbungsgespräch wurden allfällige Interessenkonflikte von Frutiger analysiert. Es wurden keine festgestellt.»
Verlogener geht es nicht mehr. Mit seinem von Frutiger beförderten Geschäftsmodell hat Nestlé nach Berechnung der Petitionäre seit Anfang dieses Jahres 5,6 Milliarden Franken verdient. Das Gebot der Vernunft für die fortschrittlichen Kräfte im Parlament und im Volk: Jagt Frutiger weg! Zwingt den Arzt Cassis, den Zugang zu sauberem Trinkwasser als universelles, auch von der Schweiz zu verteidigendes Menschenrecht anzuerkennen.
Jean Ziegler ist Soziologe, Vizepräsident des beratenden Ausschusses des Uno-Menschenrechtsrates und Autor. Sein jüngstes in Deutsch erschienenes Buch heisst: «Was ist
so schlimm am Kapitalismus? Antworten auf die Fragen meiner Enkelin».
Ziegler hat es mit der Wahrheit nicht so. Warum soll es hier anders sein?
„Ein Menschenrechtsorden von Gaddhafi: Dies war sogar für die Ziegler ansonsten wohlgesonnenen Schweizer Journalisten moralisch zwiespältig. Worauf Jean einfach abstritt, die Auszeichnung bekommen zu haben. ‚Ich habe noch nie Preise akzeptiert und fange auch jetzt nicht damit an.‘ Dies wiederholte er immer wieder, bis 2013 ein Video auftauchte, das ihn zeigte, wie er in Tripolis stolz den Preis in Empfang nahm. “
Eine Schande ist, dass er hier regelmässig eine Kolumne hat.
„Denn immer wieder verkaufen hochverschuldete Städte und Dörfer in Entwicklungsländern ihre Brunnen und Reservoire, ihre verrosteten Wasserleitungen und Kläranlagen beispielsweise an Nestlé, Bechtel oder Indosuez. Diese reparieren oberflächlich die Infrastruktur und verkaufen das Wasser an die Besitzenden.“
Ach ja? Wer hat denn vor einem halben oder ganzen Jahrhundert die Leitungen gebaut, die offenbar seither versiffen als herrschte überall Sozialismus? Und woher wissen Sie, dass die Infrastruktur nur oberflächlich repariert wird? „Menschenrechtsaktivistinnen“ kämpfen also für Cholera-Wasser, oder wie jetzt?