Was haben ein Windrad und ein Seilbahnunternehmen gemeinsam? Nur auf den ersten Blick wenig. Denn jetzt soll der ökologische Umbau dank kleinen Mini-Windkraftwerken in die Gänge kommen, die von einem Seilbahnbauer hergestellt werden.
KLEIN, FEIN, NAH: Der Südtiroler Seilbahnbauer Leitner baut das «EonWindrad 250» mit und für den deutschen Energieriesen Eon. Es ist nur 49,7 Meter hoch. (Foto: EON)
Willy Garaventa und sein Bruder bauten während Jahrzehnten die verrücktesten Seilbahnen der Welt. Jetzt ist eine Biographie über den 85jährigen Willy erschienen. Und er gab zum ersten Mal in seinem Leben ein Interview in der «Sonntagszeitung», ein Interview der Extraklasse. Darin erzählt er: «Mein Grossvater war ein Einwanderer aus Norditalien, heute würde man sagen, ein Wirtschaftsflüchtling. Wieso er sich in Immensee niedergelassen hat? Es gab zwei einfache Gründe: Erstens den Eisenbahnbau. Hier fand er Arbeit. Zweitens hat er eine Bauerntochter geschwängert und musste, wollte, durfte bleiben. Mein Vater hat das Bürgerrecht erst spät erworben. Wir als Kinder haben es aber zu spüren bekommen. Ab und zu hiess es: ‹du Tschingg›. Dabei sprach ich kein Wort Italienisch.» Garaventa verkaufte sein Unternehmen schliesslich an die Garaventa-Manager. Und diese die Firma dann leider an Doppelmayr aus Tirol. Sie ist Marktführerin im weltweit gesättigten Markt der Seilbahnbauer.
WIND-WIDERSTAND. Bewegliche Wirtschaftsflüchtlinge bewegen sich, um fern der Heimat etwas zu bewegen. Seilbahnen bewegen die Menschen in den Bergen und neu auch in Städten. Und jetzt soll auch noch der ökologische Umbau dank kleinen, von einem Seilbahnbauer hergestellten Mini-Windkraftwerken in die Gänge kommen. Doch der Reihe nach.
Der Ausbau der Windkraft in der Schweiz hat bisher noch nicht begonnen. Und in Deutschland stockt er. Überall wehren sich betroffene Bürgerinnen und Bürger gegen den Bau von Windanlagen.
Der bisherige deutsche Marktführer Enercon kündigt die Entlassung von 3000 Mitarbeitenden an. Die Gewerkschaften fordern Kurzarbeit. Und gemeinsam formiert sich in den betroffenen Regionen politischer und gewerkschaftlicher Widerstand gegen den Ausbau der Windkraft.
Vielleicht muss man den Strom künftig also in Gebieten produzieren, wo weniger Menschen dicht aufeinander leben als in Deutschland oder der Schweiz. Zum Beispiel in Bosnien-Herzegowina, das verglichen mit dem Windkraftland Norwegen viel näher liegt.
WIND-INNOVATION. Einen anderen Weg geht das Seilbahnunternehmen Leitner. Die Südtiroler bauen zusammen mit und für den deutschen Energiekonzern Eon kleine, leise Windkraftwerke der nächsten Generation. Ihre Gesamthöhe beträgt nur 49,7 Meter. Sie haben eine Leistung von 250 Kilowattstunden. Und produzieren je nach Lage zwischen 500’000 und 1’000’000 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Sie werden angepriesen für Unternehmen, die mindestens 500’000 Kilowattstunden Strom im Jahr verbrauchen. Produziert werden sie direkt auf oder knapp neben dem Werksgelände. Dank den hohen Strompreisen in Deutschland sollen sich die Dinger rechnen.
Doch in der Schweiz wird Leitner weiterhin Seilbahnen und keine Windkraftwerke bauen. Denn noch sieht bei uns niemand eine Marktlücke für diese kleine, aber sehr feine Innovation.
Links zum Thema:
- rebrand.ly/garaventa
Willy Garaventa ist 85 Jahre alt. Er hat sein Unternehmen an die Manager verkauft. Und sie es dann leider weiter an die Firma Doppelmayr aus Tirol. Tipp an alle Leserinnen und Leser: unbedingt dieses Interview lesen. Und wenn man vorig Zeit hat, auch das Buch über diesen klugen Enkel eines Wirtschaftsflüchtlings aus Norditalien.
- doppelmayr.com
Dr. Fredmund Malik ist eine Marke. Inzwischen ist es um ihn und seine Managementmethoden etwas stiller geworden. Was viele nicht wissen: Fredmund Malik ist wie Willy Garaventa auch so ein erfolgreicher Schweizer Wirtschaftsflüchtling. Malik war lange Zeit Aufsichtsratsvorsitzender der erfolgreichen Doppelmayr Holding AG. Doppelmayr ist die Marktführerin im weltweit gesättigten Markt der Seilbahnbauer. Zusammen mit dem Seilbahnunternehmen Leitner bilden die beiden Firmen ein Duopol in einem Nischenmarkt.
- rebrand.ly/kleinwind
Verglichen mit dem deutschen Energiekonzern Eon sind die Schweizer Stromriesen Alpiq, Axpo, BKW & Co. Vorgartenzwerge. Eon hat jetzt zusammen mit dem Seilbahnbauer Leitner Kleinwindkrafträder entwickelt. Weil die Musik wirtschaftlich im Bereich der neuen, erneuerbaren Energien spielt.