Freiwilligenarbeit im karitativen Bereich: Spenden Sie etwas Kostbares – Ihre Zeit

Betagte Menschen im Heim besuchen. Mithelfen am Sporttag für Behinderte. Lebensmittel für Armutsbetroffene ausgeben. Mit Freiwilligenarbeit leisten Sie Ihren persönlichen Beitrag zu einer solidarischen Gesellschaft.

ZEIT, ZU HELFEN: Anderen Menschen zur Seite stehen mit unentgeltlichen Ein­sätzen im sozialen und karitativen Bereich. (Foto: Photocase)

Ach, diese Spendenbriefe! Jetzt vor Weihnachten flattern sie gehäuft ins Haus, manchmal mit grenzwertig kitschigen oder nutzlosen Mini-Geschenken, immer mit Einzahlungsschein. Was glauben ­die denn? Bin i Gopfridstutz en ­Kiosk, oder bin ich öppe-n-e Bank?

Gesetzt den Fall, Sie seien weder das eine noch das andere, möchten aber trotzdem Menschen helfen, denen es weniger gut geht als Ihnen: dann könnte Freiwilligenarbeit in einer karitativen Organisation für Sie das Richtige sein. Rund eine Viertelmillion Erwachsene leisten in der Schweiz regelmässig solche Einsätze.

Job-Börse

Über 1200 Einsatzangebote für Freiwillige finden sich derzeit auf dem Onlineportal www.benevol-jobs.ch. Die Angebote lassen sich nach Kantonen und nach Art des gewünschten Einsatzes filtern. Die Mehrzahl der Anbieter sind Mitglieder von Benevol und haben sich zu den Standards dieser Dachorganisation verpflichtet (siehe «Die Benevol-Standards» im Text).

DIE BENEVOL-STANDARDS

Aber so frei Ihr Wille, so edel Ihre Absicht und so gross Ihr Tatendrang auch sein mögen: Sie möchten dennoch, dass Ihr Einsatz für das Gute in einem seriösen Rahmen geschieht und nicht irgendwelche lusche Organisatoren Ihren guten Willen missbrauchen, um die eigene Tasche zu füllen. Auszuschliessen ist das nicht. Etwa, wenn eine private Altersresidenz für ihre wenigen Bewohnerinnen und Bewohner eine grosse Zahl freiwilliger Besucher oder Ausgangsbegleiterinnen sucht: Da geht es der Heimleitung wohl vor allem darum, am bezahlten Betreuungspersonal zu sparen. «Diese Anzeige auf benevol-jobs.ch, unserem Jobportal für Freiwilligenarbeit, haben wir abgewiesen», sagt Thomas Hauser, Leiter der Geschäftsstelle von Benevol Schweiz, dem Dachverband der 17 Fachstellen in der Schweiz.

Benevol gehören über 1800 Non-Profit-Organisationen an, die landesweit, regional oder lokal Freiwillige einsetzen, um ihre Aufgaben zu erfüllen. Mit ihrer Mitgliedschaft verpflichten sie sich, die «Benevol-Standards der Freiwilligenarbeit» einzuhalten. Diese setzen für die Arbeitseinsätze der Freiwilligen einen Rahmen. Die wichtigsten Punkte:

  • Die Freiwilligenarbeit ergänzt und unterstützt die bezahlte Arbeit, tritt aber nicht in Konkurrenz zu ihr.
  • Freiwilligeneinsätze sollen im Jahresdurchschnitt auf sechs Stunden pro Woche begrenzt sein, damit die Freiwilligenarbeit mit den täglichen Aufgaben der Einzelnen vereinbar bleibt.
  • Freiwillige haben Anspruch auf Einführung, Begleitung, Erfahrungsaustausch und regelmässige Auswertungen.

Zwar sind Bestimmungen des Auftrags- und Arbeitsrechts auch auf Freiwilligenarbeit anwendbar (siehe unten: «Eine Art Vertrag»). Dennoch bleibt eine Rechtsunsicherheit. Eine Lücke, welche die Benevol-Standards schliessen.

Freiwilligenarbeit soll Lohnarbeit er­gänzen, nicht konkurrenzieren.

SPASS UND ANERKENNUNG

Uneigennützig für bedürftige Menschen tätig zu sein – was für eine aufopferungsvolle Seele muss man da sein! «Altruismus ist durchaus ein Motiv für Freiwilligenarbeit, zumal im sozialen und karitativen Bereich», sagt Thomas Hauser, «aber man soll und darf auch Spass an der Sache haben und persönliche Ziele verfolgen. Zum Beispiel, mit interessanten Menschen zusammenkommen, eigene Kompetenzen einbringen oder neue Kompetenzen erwerben.»

Was Freiwillige auf jeden Fall möchten, ist Anerkennung für ihren Einsatz. Sei dies mündlich, durch Erwähnung in Berichten, durch Einladungen an Events oder noch besser mit dem «Dossier freiwillig engagiert» von Benevol. Dieses Dokument ist der Nachfolger des früheren Sozialzeitausweises. Es hält die Art und Dauer der Einsätze fest und kann auch einen ausführlichen Bericht enthalten, der die Leistungen ähnlich genau beschreibt wie ein Arbeitszeugnis. So dient das Dossier als wertvolle Ergänzung für Ihre Bewerbungs­unterlagen.

DAS THEMA WÄHLEN

Möchten Sie sich freiwillig engagieren, haben Sie vielleicht in Ihrer Nähe ein Heim, eine Stiftung oder eine andere Organisation, deren Tätigkeit Sie wichtig finden und die Sie unterstützen möchten. Wollen Sie Ihre Suche offener gestalten, schauen Sie sich um auf www.benevol-jobs.ch (siehe work-Tipp). Einige aktuelle Angebote:

  • ALTER. Der Verein Sozialtreff in St. Gallen Schönenwegen plant einen Quartiertreff mit Tagesstruktur für Betagte und für Menschen mit leichter Beeinträchtigung. Für den bevorstehenden Umbau des Lokals sind Handwerkerinnen und Handwerker gesucht. www.sozialtreff.ch
  • ARMUT. «Tischlein deck dich» verteilt Lebensmittel, die nicht mehr in den Verkauf gelangen, an armutsbetroffene Menschen. Freiwillig Mitarbeitende werden an den über 130 Abgabestellen eingesetzt, der Aufwand liegt wahlweise bei rund 3 Stunden pro Woche oder alle zwei bis drei Wochen. www.tischlein.ch
  • BEHINDERUNG. «PluSport», die Organisation für den Behindertensport, führt jährlich den «PluSport Tag» in Magglingen durch mit rund 1200 Athletinnen und Athleten. Für diesen Grossanlass sind Hunderte von Helferinnen und Helfern nötig. www.plusport.ch
  • FRAU IN NOT. Der Verein «Schwanger – wir helfen» ist in den Kantonen Bern und Solothurn tätig. Er leistet seit 1979 Beratung und Direkthilfe an Frauen, die durch eine Schwangerschaft in Not geraten sind. Aktuell sucht die Organisation ein bis zwei freiwillige Mitarbeiterinnen zur Bewirtschaftung des Material­lagers. www.schwanger-wir-helfen.ch
  • MIGRATION. Städtische oder kantonale Asylorganisationen setzen freiwillig Mitarbeitende für verschiedene Aufgaben ein: Die AOZ Zürich etwa sucht Personen, die Asylsuchende in Alltagsfragen oder während der Berufslehre unterstützen oder Outdooraktivitäten mit Kindern und Jugendlichen begleiten. www.aoz.ch

Auch Freiwilligkeit braucht Regeln Eine Art Vertrag

Arbeit ist Arbeit – auch wenn sie freiwillig geschieht. Zwar besteht kein Anstellungsverhältnis im herkömmlichen Sinn. Dennoch entsteht durch die Vereinbarung von Freiwilligen­arbeit ein Vertrag, der beiden Seiten gewisse Pflichten auf­erlegt. So muss die auftrag­gebende Organisation ihre Freiwilligen in die bestehende Betriebshaftpflicht einschliessen und für ihre ­Arbeitssicherheit und den Schutz ihrer Gesundheit besorgt sein. Geboten ­ist auch eine sorgfältige Ein­führung in die zu leistenden ­Arbeiten.

VERSPRECHEN GILT. Üblich ist, im Einsatz entstandene Spesen nach effektiven Kosten oder pauschal zu entschädigen. Achtung: Sobald über die Vergütung von Spesen hinaus eine Entschädigung bezahlt wird, entsteht ein Arbeitsverhältnis, über das auch ein Lohnausweis erstellt und Sozialversicherungen abgerechnet werden müssen.

Freiwillige wiederum verpflichten sich, gegebene Einsatz­versprechen auch tatsächlich zu erfüllen. Bleiben sie einem Einsatz unentschuldigt fern, könnte die Organisation sogar Schadenersatz fordern (zum Beispiel bei einem Fahrdienst, für den ein kostenpflich­tiges Taxi als Ersatz gerufen wurde). Zudem sind über­tragene Arbeiten mit Sorgfalt auszuführen. Wichtig ist schliesslich auch die Schweigepflicht. Gerade bei ­karitativen Einsätzen für Menschen in schwierigen Umständen gilt es, ihre private Sphäre zu achten und zu schützen.

JEDERZEIT KÜNDBAR. Die Auf­lösung eines freiwilligen Engagements ist für beide Seiten ­jederzeit möglich – ausser zur Unzeit. Dann ist allenfalls Schadenersatz geschuldet (siehe oben).

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