Daniel Lampart ist Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB).
Vor rund 30 Jahren sassen am Weihnachtsessen einer grossen Firma auch der Hauswart oder das Reinigungs- und Sicherheitspersonal mit am Tisch. Heute feiern die meist akademisch ausgebildeten Bankangestellten unter sich und Reinigungsleute – wenn überhaupt – in der Reinigungsfirma. Denn diese und andere Tätigkeiten sind häufig ausgelagert.
(Quelle: Bundesamt für Statistik, Berechnungen SGB)
REINE PROFITGIER. Diese Auslagerungen führen einerseits zu mehr sozialer Ungleichheit: denn eine Reinigungsangestellte bei einer Bank oder bei einer anderen Grossfirma hat rund 1000 Franken mehr Lohn als die Angestellte bei einer Reinigungsfirma. Andererseits verstärken sie die gesellschaftliche Entfremdung – wenn der Anlageberater sich seinem Kollegen in London näher fühlt als dem Hauswart, der im gleichen Dorf wohnt.
Diese Auslagerungen sind nur eine der Folgen des seit den 1990er Jahren verstärkten Profitdenkens in den Firmen. Der kurzfristige Gewinn steht im Zentrum. Risiken und Kosten werden möglichst ausgelagert. Das zeigt sich auch in der Entwicklung der Temporärarbeit. Diese hat sich seit Mitte der 1990er Jahre verfünffacht. Und Subunternehmen mit teilweise prekären Arbeitsbedingungen schossen wie Pilze aus dem Boden – namentlich im Bau. Neue Gefahren drohen über die sogenannte Plattformwirtschaft, wo Arbeitnehmende missbräuchlich als Selbständige beschäftigt werden.
MEHR SOLIDARITÄT. Wir müssen diese bedenklichen Entwicklungen stoppen. Damit alle, die in der Schweiz arbeiten, von ihrem Lohn leben können. Und damit die Solidarität in der Gesellschaft wieder besser spielt. Für die Gewerkschaften prioritär ist es, neue Missbräuche über die «Plattformwirtschaft» und die Scheinselbständigkeit zu verhindern. Die ausgelagerten Reinigungstätigkeiten sollten möglichst wieder in die Firmen integriert werden. Die Kantone und Gemeinden müssen mit gutem Beispiel vorangehen.