Der Wahlsieg des Partito Democratico (PD) macht nicht alle nur happy. Warum, erklärt Marta Collot von der neuen Linkspartei Potere al Popolo.
MARTA COLLOT: Klavierlehrerin, Gelegenheitsjobberin und Linksaktivistin. (Foto: ZVG)
Aufatmen nach den Regionalwahlen in der Emilia-Romagna. Matteo Salvinis rechtsextremer Lega ist es nicht gelungen, die einstige rote Hochburg einzunehmen. Sozialdemokrat Stefano Bonaccini bleibt Präsident der norditalienischen Industrie- und Handelsregion.
FAST GLEICHAUF. Keine Freudensprünge macht deswegen Marta Collot (26) von der drei Jahre jungen Bewegungspartei Potere al Popolo (PaP). Die Klavierlehrerin und Gelegenheitsjobberin kandidierte selbst für das Präsidialamt, hatte aber mit bloss 8048 Stimmen keine Chance. Trotzdem spricht sie nicht aus Missgunst oder Groll, wenn sie sagt: «In der Emilia-Romagna hat weder die Linke gewonnen noch die Rechte verloren.» Eine gewagte Interpretation angesichts des Wahlsiegs von PD-Mann Bonaccini. Andererseits zeigt die Statistik: Im Vergleich zu den letzten Regionalwahlen von 2014 verlor der sozialdemokratische Partito Democratico (PD) 12,5 Prozent Wähleranteile. Fast so viel, wie die Lega dazugewann. Mit je etwas über 30 Prozent liegen die beiden Parteien mittlerweile fast gleichauf.
«Es war die Wahl des kleineren Übels.»
KRITIK. Die Verluste des PD erstaunen Collot gar nicht. Denn: «Die schlimmsten Angriffe gegen die Lohnabhängigen kamen von dieser Partei.» Collot meint damit insbesondere den «Jobs Act» – eine von PD-Ex-Premier Matteo Renzi durchgepeitschte Arbeitsmarktreform. Seit 2014 erleichtert diese Entlassungen, macht die Deregulierung von Anstellungsbedingungen möglich und senkt die Unternehmenssteuern. Kritik hagelt es von der «roten» Marta auch wegen der sogenannten Sicherheitsdekrete. Mit diesem Gesetzespaket darf die Regierung neu Privatschiffen mit Flüchtlingen an Bord die Hafeneinfahrt verwehren. Bei Zuwiderhandlungen drohen drastische Geldstrafen von bis zu einer Million Euro.
COLLOTS REZEPT. Eingeführt hatte das Dekret zwar noch Migrantenfeind Salvini, doch der PD hat es bis heute nicht zurückgenommen. Die Partei könne daher nicht mehr als wirklich «links» bezeichnet werden. Entsprechend stamme auch die Anhängerschaft mittlerweile hauptsächlich aus dem Establishment. War also das Ja zur PD nicht gleichzeitig auch ein Ja für die PD-Politik? «Keinesfalls», sagt Collot, «es war die Wahl des kleineren Übels.» Ohnehin könnten solche Wahlen allein den Rechtsruck in Italien nicht aufhalten. Collots Rezept: «Zusammenschluss aller Oppositionellen sowie ständige Präsenz in den Quartieren, Schulen und Betrieben.»