Die Schweizer Nespresso-Arbeiterinnen und -Arbeiter protestieren: «Das neue Schichtsystem ist schlichtweg unmenschlich.»
NESPRESSO: Den Kapseln sieht man den Stress nicht an. (Foto: Jisu Han/ Unsplash)
Je zwölf Stunden am Samstag und Sonntag. Am Montag und Dienstag je acht Stunden. Dann einen Tag frei, nochmals zwei Tage arbeiten. Und zum Abschluss zwei Nachtschichten, wieder am Samstag und Sonntag, wieder je zwölf Stunden: Das ist der Arbeitsplan von Nespresso-Arbeiter Bernard Gauthey *. Nach nur zwei freien Tagen geht der Zyklus wieder von vorne los.
Arbeitspläne von Nespresso, die der Unia vorliegen, belegen sogar Arbeitswochen von 58 Stunden. Und nie haben die Arbeiter länger als zwei Tage hintereinander frei. In der
Westschweizer Unia-Zeitung «L’Evénement Syndical» findet Gauthey klare Worte: «So zu arbeiten ist die Hölle.»
Die Leute sind erschöpft, viele werden krank.»
PROTEST
Vor einem Jahr führte die Nestlé-Tochter ein neues Schichtmodell für ihre drei Fabriken in Avenches VD, Orbe VD und Romont FR ein. Seitdem arbeiten die 500 Mitarbeitenden in vier Schichten à acht Stunden an sieben Tagen die Woche. Der Frauenanteil in den Fabriken liegt zwischen 5 und 10 Prozent.
Schon im Vorfeld protestierten sie gegen die Verschlechterung, unterstützt von der Unia. Im Mai 2018 schrieb work: «Sie fürchten um ihr Familienleben und um ihre Gesundheit.» Doch Nespresso zog die Sache durch. Jetzt zeigen sich die Folgen.
ERSCHÖPFT
Arbeiter Gauthey: «Die Leute sind erschöpft, viele werden krank.» Für viele Familien seien die neuen Arbeitszeiten eine enorme Belastung: «Einige Kollegen stehen kurz vor der Scheidung.»
Eine Unia-Umfrage, an der knapp die Hälfte der Nespresso-Mitarbeitenden teilgenommen haben, zeigt ein klares Bild: 88 Prozent sagen, die Arbeitsbedingungen hätten sich im letzten Jahr verschlechtert. Und sogar 95 Prozent geben an, sie fühlten sich wegen der neuen Schichten «sehr müde».
Weil Nespresso keine Anstalten macht, auf die Anliegen der Arbeiter einzugehen, ist denen jetzt der Geduldsfaden gerissen. Zusammen mit der Unia wollen sie jetzt eine Beschwerde bei der Arbeitsaufsichtsbehörde einreichen.
* Name geändert