work-Redaktor Clemens Studer.
Am 22. Februar sagte der ehemalige Berner Immunologieprofessor Beda Stadler in der «Weltwoche»: «Wer als Gesunder mit einer Maske herumrennt, ist bloss ein Fasnächtler.» Heute muss man ergänzen: oder Magdalena Martullo-Blocher. Die SVP-Nationalrätin und EMS-Besitzerin kreuzte an der Session mit einer Schutzmaske aus ihrem Betrieb im Parlament auf. Wurde gerüffelt und machte mediales Theater.
AFFENTANZ. Und es ist ja schon fast zum Lachen: ausgerechnet die Erbprinzessin der SVP macht Mummenschanz. Also eine zentrale Vertreterin der «In der Schweiz zeigen wir Gesicht»-Schwadroneure, Burka-Hysteriker und der Schulhandschlag-Fetischistinnen. Immerhin: Noch ist wenigstens der ansonsten gerne verhaltensoriginelle Aargauer Andreas Glarner noch nicht unter seinem Stein hervorgekrochen. Aber gut möglich, dass er noch einen Zusammenhang findet zwischen der Corona-Epidemie und seiner Dauerforderung «Cervelatpflicht an der Volksschule». Aber das «Grenzen schliessen» ist natürlich schon gekommen, da fiel vielen Menschen in der Schweiz zum Stichwort «Corona» bloss ein überschätztes mexikanisches Leichtbier ein. Weil: «Grenzen schliessen» kommt bei Rechten immer gut. Bei jeder Problemstellung: abschotten, ausgrenzen und einbunkern.
SVP-Magdalena Martullo-Blocher kreuzte an der
Session mit Schutzmaske auf.
ABRIEGELN. Nicht nur in der Schweiz. Das «stabile Genie» Trump, der US-Präsident, setzt auch darauf. Und auf seine Expertise. Ärzte, so sagt er, hätten ihn gerühmt, «weil ich so viel zum Thema weiss». Östlich der Schweiz macht der rechte Posterboy Sebastian Kurz, der neuerdings von den Grünen im Amt gehalten wird, die Grenzen zu Italien dicht. Gut möglich, dass der Bundesrat das – je nach weiteren Entwicklungen – auch machen muss. Mit allen massiven Folgen für die Tessiner Wirtschaft. Und vor allem auch für das Tessiner Gesundheitswesen. Wenn er es tut, dann kann er das aufgrund des Epidemiegesetzes, das am 22. September 2013 vom Volk angenommen wurde. Und das sich bis jetzt in der Corona-Krise bewährt hat. Bekämpft wurde es im Abstimmungskampf übrigens von der SVP im Verbund mit esoterischen Verschwörungstheoretikern.
ABSAGEN. SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi wollte gar die Session abbrechen. Angeblich zum Gesundheitsschutz. Aber eigentlich, weil er hoffte, so die Überbrückungsrente für ältere Ausgesteuerte bis nach der Abstimmung über die Kündigungsinitiative zu verzögern. Doch natürlich hat die Corona-Epidemie massiven Einfluss auch auf das politische Leben. Unterschriftensammlungen werden schwieriger, Demos stehen auf der Kippe, Parteiversammlungen müssen abgesagt werden. So wird die SVP erst im Herbst einen neuen Präsidenten bekommen. Und die SP steht kurz davor, ihren Parteitag von Anfang April ebenfalls zu verschieben. Und vielleicht ist schon vieles noch einmal ganz anders, wenn dieses work erscheint. Wahrlich, es sind turbulente Zeiten. Und eigentlich keine für Mummenschanz und Affentanz.