Unia-Chefin Vania Alleva:
«Jetzt sollen nicht die Arbeitnehmenden zahlen!»

Unia-Präsidentin Vania Alleva.

«Der Coronavirus macht’s möglich: Im März hat der Bundesrat im Rekordtempo ein ­Krisenpaket über 60 Milliarden Franken beschlossen: zinslose Darlehen für notleidende Betriebe, Kurzarbeitsentschädigung für über eine Million Arbeitnehmende, Taggeldentschädigungen für Selbständige. Zudem haben Arbeitnehmende mit besonderen Risiken das Recht, die Arbeit zu verweigern. Und Betreibungen werden per Federstrich ausgesetzt, um eine drohende Konkurswelle aufzuschieben.

«Der Bund muss ­zusätzliches Geld einschiessen!»

ALARMSTIMMUNG. Im einzelnen sind die Massnahmen unzureichend und müssen weiter verbessert werden. Ein Teil der temporär Angestellten sowie Hausangestellte und ­Sans-papiers fallen durch die Maschen, die Kurzarbeitsentschädigung reicht für Menschen mit nied­rigen Löhnen mehr schlecht als recht. Und obwohl Unternehmen Kredite und Kurz­arbeitsentschädigungen beanspruchen, dürfen sie trotzdem noch Personal entlassen.

Aber insgesamt stellt all das einen grossen Fortschritt dar. Möglich wurde er, weil die Gewerkschaften bereitstanden und systematisch für soziale Lösungen lobbyiert haben. Doch jetzt macht SVP-Finanzminister Ueli Maurer schon wieder auf Alarmstimmung. Er warnt etwa vor einem Rekordverlust bei der Arbeitslosenkasse. Weil so viele Gesuche für Kurz­arbeitsentschädigung beim Bund eingehen wie noch nie. Und weil sich jetzt auch immer mehr Arbeitslose bei der Versicherung melden. Und wer soll das bezahlen? Es droht, dass allen Arbeitnehmenden 2021 mehr Geld vom Lohn abgezogen wird. Das darf nicht sein: die Kosten der Corona-Krise dürfen nicht auf die Arbeitnehmenden mit tiefen und mittleren Einkommen abgewälzt werden. Niemals! Der Bund muss zusätzliches Geld einschiessen.

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REICHES LAND. Viele Arbeitnehmende kauen jetzt schon schwer an der Corona-Krise. Weil sie arbeitslos werden, weil sie in Existenznöten sind und weil sie die sind, die die Schweiz durch die Krise tragen: Verkäuferinnen, Reinigerinnen, Pflegende. Sie alle leisten systemrelevante Arbeit, aber sind trotzdem schlecht bezahlt.

Die Kaufkraft und damit die Lebenschancen der Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen müssen erhalten und verbessert werden. Und es darf keine ­Massenkonkurse geben. Denn nur so kommen wir aus dieser Krise raus.

Die Schweiz ist ein reiches Land. Wir können das bezahlen. Auf der Schweizerischen Nationalbank lagern 800 Milliarden Franken, die uns gehören. Wann, wenn nicht jetzt, können wir sie sinnvoller einsetzen? Die Schweiz hat auch eine rekordhohe Milliardärsdichte. Wir könnten deshalb jetzt auch die Steuerschlupflöcher für die Schwerreichen ­stopfen. Oder die Dividenden der Krisengewinnler abschöpfen. Oder die Militärausgaben zurückfahren. Viele Wege führen aus der Corona-Krise. Es ist eine Frage des politischen Willens.»


SGB-Chef Pierre-Yves Maillard:«Jetzt erst recht, chers camarades»

SGB-Chef Pierre-Yves Maillard. (Foto: Marco Zanoni / Lunax)

«Es sind die Arbeitnehmenden, die das Land am Leben erhalten; das wird jetzt klar, wo viele ihre Arbeit niederlegen mussten. Doch auch die Bedeutung der Leistung derjenigen, die im Hintergrund weiterarbeiten, zeigt sich in dieser Krise. Es sind Branchen, die sich nun als systemrelevant erwiesen haben, in denen die Mitarbeitenden weder einen fairen Lohn noch den gebührenden Respekt für ihre Arbeit erhalten – damit muss nun Schluss sein! Mehr denn je müssen wir für bessere Löhne und starke Arbeitnehmendenrechte für alle kämpfen.

«Der Fortschritt liegt an uns!»

VORWÄRTS! Die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit drängt sich auf wie selten in den letzten Jahrzehnten. Die Corona-Krise wird den Kapitalismus nicht von sich aus in einem fortschrittlichen Sinne verändern. Wie immer in unserer Geschichte liegen die Möglichkeiten für einen Wandel in Richtung Fortschritt nicht in Katastrophen, Pandemien oder Kriegen, sondern bei den kämpferischen, progressiven Kräften und unserer Fähigkeit zu klaren Analysen, Vorschlägen und Aktionen. Jetzt erst recht!»


Grünen-Chefin Regula Rytz:«84 Milliarden von der Nationalbank»

Grünen-Chefin Regula Rytz. (Foto: Keystone)

«Die Corona-Krise reisst ein tiefes Loch in die Kassen von Bund und Kantonen. SVP und FDP malen bereits brutale Spar­pakete und höhere Sozialversicherungsprämien an die Wand. Doch mit höheren Steuern und Abgaben für den Mittelstand kommen wir nicht aus dem Tief heraus. Die Krise muss sozial finanziert werden.

«SNB-Milliarden für ein ökosoziales ­Impulsprogramm!»

KLIMAKRISE. Die Grünen setzen auf zwei Pferde: Wir fordern eine Solidaritätsabgabe auf ausgeschüttete Dividenden und Kapitalreserven. Und wir wollen die Schweizerische Na­tionalbank stärker in die Pflicht nehmen. 84 Milliarden Franken liegen hier als Ausschüttungsreserven auf Eis. Sie gehören den Bürgerinnen und Bürgern. Mit einem Teil davon können wir die Löcher in den Sozialwerken stopfen und gleichzeitig ein Impulsprogramm für den ökosozialen Umbau finanzieren. Die Klimakrise macht leider keine Pause.»

1 Kommentare

  1. Peter Bühler 3. Mai 2020 um 16:03 Uhr

    Per Ende 2020 könnte man sämtliche Schulden der Sozialversicherungen, Gemeinden, Kantone und des Bundes durch die Nationalbank ausgleichen lassen. Danach werden die Ausgaben und die Einnahmen neutral gestaltet, damit die zukünftigen Generationen keine Schulden mehr haben. Ein Grundeinkommen könnte die Ungerechtigkeit für den Mittelstand senken. Dann bleibt nur noch die Klimakrise gleichzeitig anzugehen.

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