Daniel Lampart ist Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB).
Zuerst das Positive: Um Entlassungen und Lohneinbussen zu verhindern, hat der Bundesrat in der Corona-Krise eine «Lohngarantie» versprochen. Damit hat er die Forderungen der Gewerkschaften zu einem grossen Teil übernommen. Er hat die Kurzarbeit ausgedehnt und einen Elternurlaub eingeführt. Dank diesen Massnahmen gab es viel weniger Entlassungen oder Konkurse.
Die Zahl der Arbeitnehmenden mit Kurzarbeit schoss auf ein Allzeithoch von über 1,5 Millionen. Am stärksten betroffen ist das Gastgewerbe, wo drei von vier Angestellten auf Kurzarbeit sind. Aber auch im Kultur- und Eventbereich oder im Detailhandel sind ungefähr die Hälfte der Berufstätigen in Kurzarbeit.
(Quelle: BfS/Berechnung SGB)
LOHNEINBRUCH. Das Problem ist aber, dass die Kurzarbeit nicht den ganzen Lohn ersetzt, sondern nur 80 Prozent. Wobei die Arbeitgeber die Sozialversicherungsbeiträge weiterhin auf den vollen Lohn bezahlen müssen. Die Lohneinbusse von 20 Prozent ist für viele Personen finanziell nur schwer zu verkraften. Vor allem wenn der Lohn schon in normalen Zeiten tief ist. Das ist im Moment genau das Problem. Wer im Gastgewerbe arbeitet, verdient im Mittel rund 4100 Franken im Monat (Vollzeitstelle). Wenn nun im April oder Mai 20 Prozent wegfallen, bleibt noch ein Lohn von rund 3300 Franken! Eine erste Auswertung mit Daten aus der
Arbeitslosenversicherung zeigt, wie ernst dieses Problem ist.
UNTEN FEHLT ES. Berufstätige mit tiefen Löhnen sind besonders häufig in Kurzarbeit. Rund die Hälfte der Kurzarbeitenden arbeiten nämlich in den Branchen mit den tiefsten Löhnen. Das zeigt die Grafik rechts («unterste 20 Prozent»: 20 Prozent der Branchen mit den tiefsten Löhnen). In den Branchen mit den höchsten Löhnen gibt es hingegen kaum Kurzarbeit.
Das zeigt auch der Gewerkschaftsalltag. Es melden sich mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Mühe haben, mit dem Lohn über die Runden zu kommen. Dabei ist der Erhalt der Kaufkraft gerade jetzt von zentraler Bedeutung. Für die Angestellten mit unteren Einkommen, die mit den Problemen mit der Kinderbetreuung, der Unsicherheit beim Arbeitsplatz und der Gesundheit der nahestehenden Personen schon genug Sorgen haben. Aber auch für die Konjunktur in der Schweiz. Der SGB fordert deshalb, dass Berufstätige mit unteren Löhnen bei Kurzarbeit 100 Prozent Lohnersatz erhalten müssen.