Sie kamen spät, aber sie kamen. Nach jahrzehntelangem Kampf zogen die ersten Frauen 1971 ins Bundesparlament ein. In wenigen Monaten wird das Schweizer Frauenstimmrecht also 50! work feiert aber schon jetzt.
KATHARINA ZENHÄUSERN: Sie legte in Unterbäch VS als erste Schweizerin ihren Stimmzettel in die Urne. work berichtete: rebrand.ly/die-erste. (Foto: Michael Schoch)
Am 3. März 1957 begann, was bald nicht mehr zu stoppen war. Seit Jahrzehnten forderten Frauen im ganzen Land ihre Rechte ein. Und jetzt legte Katharina Zenhäusern in der kleinen Walliser Gemeinde Unterbäch als erste Schweizerin ihren Stimmzettel in die Urne.
Bei der Abstimmung ging es darum, ob Frauen in Zukunft Zivilschutz leisten müssten. Der Gemeinderat von Unterbäch fand, über diese Frage sollten nicht nur Männer entscheiden. Auch eine Handvoll anderer Gemeinden sahen das so, von Niederdorf in Baselland bis nach Lugano.
Der Bund und die Kantone allerdings nicht. Die Stimmzettel der Frauen wurden wieder aussortiert. Und als 1959 die erste schweizweite Frauenstimmrechtsinitiative kam, schickten die Männer sie bachab. Doch die Dinge waren ins Rollen geraten, immer mehr Kantone führten das Frauenstimmrecht ein. Und am 7. Februar 1971 setzte es sich endlich auch auf Bundesebene durch.
Im Februar wird Frauengeschichte an Berns Fassaden projiziert.
AUSSTELLUNGEN, TOUREN & CO.
In wenigen Monaten steht das 50. Jubiläum vor der Tür. Doch gefeiert wird schon jetzt. Mit Podiumsdiskussionen, Stadtspaziergängen, Buchvernissagen, Theateraufführungen. Rund 30 Jubiläumsveranstaltungen sind aktuell auf der virtuellen Aktionskarte (ch2021.ch) verzeichnet. Das Historische Museum in Bern zeigt die Ausstellung Frauen ins Bundeshaus. Die Paulus Akademie in Zürich plant einen Themenabend Corona und Frauen. Und für Abenteuerlustige gibt’s die Tour des Frauen-Töffclubs kultur & kilometer. Einmal quer durch die Schweiz, motorisiert und auf zwei Rädern zu den Orten, die für den Kampf um das Frauenstimmrecht wichtig waren (rebrand.ly/kulturkilometer).
Natürlich gibt’s auch viel Lesestoff: Gleich drei Bücher sind für diesen Herbst angekündigt. In Gruss aus der Küche (Rotpunktverlag), 50 Jahre Frauenstimmrecht (Limmatverlag) und Jeder Frau ihre Stimme (Verlag Hier und Jetzt) kommen bis zu 100 verschiedene Frauen zu Wort. Mit persönlichen und politischen Beiträgen. Aber auch mit historischen Ergänzungen zur gängigen Geschichtsschreibung. Denn selbst wenn die Schweiz seit 1971 kein purer Männerstaat mehr ist: in den Geschichtsbüchern, auf den Strassenschildern und auf den Denkmalsockeln ist sie es (zu weiten Teilen) bis heute geblieben. Umso erfrischender wird es deshalb sein, ab Februar durch die Berner Altstadt zu spazieren. Vorbei an einer Ausstellung mit 52 Portraits, die herausragende Frauen aus der ganzen Schweiz zeigen. Zwei Frauen pro Kanton. Ihr Leben, ihr Wirken, ihre Geschichte. Welche Frauen dabei sind, wird in den kommenden Wochen entschieden. Nicht von einer Fachjury. Sondern von Schulklassen in allen Landesteilen.
Die Portraitausstellung, der Einbezug von Schülerinnen und Schülern: beides ist Teil des Projekts Hommage 2021 (hommage2021.ch). Sein Höhepunkt: ein riesiges Lichtspektakel auf dem Bundesplatz.
Zwei Wochen lang, vom 7. bis zum 16. Februar, wird die Geschichte der Schweizer Frauenbewegung an die Fassaden des Bundeshauses, der Schweizerischen Nationalbank und der Berner Kantonalbank projiziert. 100 Jahre Frauenkampf in Bild und Ton. Eine Reise durch die Schweiz der Frauen, zu der internationale Solidarität genauso gehört(e) wie kreative Strategien, mit denen die Schweizerinnen «ihren» Männern schliesslich die politischen Rechte abrangen. Das wird sogar auf dem Rütli gefeiert. 2021 steht der Nationalfeiertag im Zeichen des Frauenstimmrechts.
Und im Herbst, zum krönenden Abschluss des Jubiläumsjahres, findet die Eidgenössische Frauensession (rebrand.ly/frauensession) statt. Dann ist der Nationalratssaal ganz in Frauenhand. Zum ersten Mal seit 1991. Zum zweiten Mal überhaupt in der Geschichte der Schweiz.
Für die Männer kein Grund zu murren. Schliesslich durften sie 123 Jahre lang im Bundeshaus unter sich sein. Bis im Oktober 1971 die ersten gewählten Frauen in dieses «Männerheiligtum» einzogen (zum amüsanten «Wochenschau»-Bericht von damals: rebrand.ly/wochenschau).
Auf einen Blick: Das läuft zum Jubiläum
- Ausstellung 50 Jahre Frauenfussball in der Schweiz, 17. August
bis 31. Dezember 2020, im FCZ-Museum, Zürich
- Eine Stimme haben. 50 Jahre Frauenstimmrecht in Luzern, 23. Oktober 2020 bis 29. August 2021, Historisches Museum, Luzern
- Frauenstadtrundgang 50 Jahre Frauenstimmrecht, 15. November 2020, Zürich
- Hommage 2021, Lichtspektakel auf dem Bundesplatz, 7. bis 16. Februar 2021, Bern
- Robes Politiques. Frauen Macht Mode, 19. März 2021, Textilmuseum St. Gallen
- Frauensession 2021, 29. Oktober 2021 bis 30. Oktober 2021, im Bundeshaus, Bern
Und vieles mehr. Alle Veranstaltungen unter: www.ch2021.ch