Daniel Lampart ist Chefökonom des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB).
Die Coronakrise trifft Menschen mit tieferen Einkommen besonders stark. Denn es sind insbesondere die Branchen und Berufe mit kleinen Löhnen, welche die grössten Einbussen erleiden – also die Mitarbeitenden in Restaurants und Hotels, im Kultur- und Eventbereich, im Detailhandel oder bei den persönlichen Dienstleistungen wie beispielsweise Kosmetik oder Pédicure. Die Arbeitnehmenden in den Dienstleistungs- und Verkaufsberufen haben im Schnitt einen Monatslohn von 3370 Franken (x 13) gemäss Bundesamt für Statistik.
(Quelle: SRG, Sotomo)
LEERES PORTEMONNAIE. Laut einer Erhebung von SRG/Sotomo haben Haushalte mit einem Einkommen von unter 4000 Franken durch die Krise einen Einkommensverlust von 19 Prozent erlitten. Ihnen stehen also heute noch 81 Prozent des früheren Einkommens zur Verfügung. Auch die Topverdienenden haben zwar 5 Prozent weniger Einkommen. Gleichzeitig konnten sie aber ihre Lebenshaltungskosten um 9 Prozent senken. Weil sie beispielsweise im Homeoffice weniger Berufsauslagen haben.
Die starken Einkommensrückgänge bei den Geringverdienenden sind insbesondere eine Folge der Kurzarbeit. Dank der Kurzarbeit, bei der die Arbeitslosenversicherung (ALV) die Lohnkosten für ausgefallene Arbeitsstunden und Arbeitstage übernimmt, konnten zwar viele Stellen erhalten werden. Doch die ALV zahlt nur 80 Prozent des Lohnes. Die Betroffenen haben daher eine empfindliche Lohneinbusse. Bei einem Monatslohn von 3370 Franken sind 80 Prozent nur noch 2700 Franken. Zusätzlich fehlen beispielsweise beim Servicepersonal die Einnahmen aus dem Trinkgeld.
KAUFKRAFT STÄRKEN. Die Krise dauert nun schon seit März. Einkommensausfälle von insgesamt mehreren Tausend Franken sind daher nichts Aussergewöhnliches. Dieses Geld fehlt, wenn eine unerwartete Ausgabe wie eine Autoreparatur oder eine Zahnarztbehandlung ansteht oder wenn das ÖV-Abo erneuert werden muss usw. Viele haben noch keine Ahnung, wie sie die Steuerrechnung bezahlen sollen. Um diese Probleme zu lösen, braucht es eine Aufstockung der Kurzarbeitsentschädigung für Geringverdienende. In der Wintersession haben National- und Ständerat einen Kompromiss für die Geringverdienenden bei der Kurzarbeit angenommen. Sie erhalten neu für Löhne bis 3470 Franken (100-Prozent-Pensum) den vollen Lohnersatz und für Löhne zwischen 3470 und 4340 Franken (ebenfalls 100-Prozent-Pensum) mehr Kurzarbeitsentschädigung als die heutigen 80 Prozent.Sie sollen nicht mehr nur 80 Prozent des Lohnes, sondern neu den vollen Lohnersatz erhalten. Das wäre nicht nur für die Betroffenen eine wesentliche Entlastung. Sondern diese Aufstockung des Kurzarbeitsgeldes wäre auch eine sehr zielgerichtete Massnahme zur Stärkung der Kaufkraft.
UPDATE: Am 16. Dezember hat das Parlament einen Kompromiss für die Geringverdienenden bei der Kurzarbeit angenommen. Sie erhalten neu für Löhne bis 3470 Franken (100-Prozent-Pensum) den vollen Lohnersatz und für Löhne zwischen 3470 und 4340 Franken (ebenfalls 100-Prozent-Pensum) mehr Kurzarbeitsentschädigung als die heutigen 80 Prozent.