Jean Ziegler
Milton Friedman, der 2008 verstorbene Chefideologe des weltweit wütenden Raubtierkapitalismus, schrieb: «The business of business is business.» Also: «Der Zweck des Geschäftemachens ist es, Geschäfte zu machen.» Die Pflicht zur Respektierung von Menschenrechten und Umweltschutznormen empfand er dabei nur als ärgerliche Hindernisse.
Konzernverantwortung. Dem widerspricht vehement der Entwicklungssoziologe Klaus Leisinger. Sein kluges neues Buch heisst: «Integrität im geschäftlichen Handeln» (Friedrich-Reinhardt-Verlag, Basel, 2020). Es könnte aktueller nicht sein. Kernthese dieses Lehrbuchs für ethische Unternehmensführung: Jede Entscheidung des Konzernverantwortlichen muss die nachhaltige Entwicklung des Landes, in dem er tätig ist, befördern, denn nur in einem glücklichen Gemeinwesen kann ein Unternehmen erfolgreich sein.
Nur in einem glücklichen Gemeinwesen kann ein Unternehmen erfolgreich sein.
Die Schlacht um die Konzernverantwortung ist in den Vereinten Nationen im Gang. Der Uno-Menschenrechtsrat beauftragte 2015 eine interstaatliche Arbeitsgruppe, eine Völkerrechtskonvention auszuarbeiten, welche die multinationalen Konzerne verpflichten soll, internationale Normen zum Schutz der Umwelt und der Menschenrechte einzuhalten. Gerichtsstand für Schadenersatz-forderungen der Opfer soll der Heimatort der betroffenen Konzerne sein. Bei der Ausarbeitung der Konvention waren das wissenschaftliche Werk und die praktische Expertise von Klaus Leisinger von grossem Nutzen. Im September wird der Uno-Menschenrechtsrat über die Konvention abstimmen. Die westlichen Industriestaaten äusserten sich bereits massiv gegen die Konvention. Dafür folgt die internationale Zivilgesellschaft mehrheitlich den Ideen von Leisinger, wie auch die Schweizer Volksabstimmung vom November 2020 gezeigt hat, die nur am Ständemehr scheiterte.
Klaus Leisinger ist emeritierter Professor für Entwicklungssoziologie des Universität Basel. Er ist Mitglied des Leadership-Council der Uno und gefragter Experte verschiedener internationaler Organisationen. Als Gastprofessor wirkte er an zahlreichen Universitäten in den USA, in China, Singapur und in Afrika südlich der Sahara.
PRAKTISCHE ERFAHRUNG. In jüngeren Jahren war Leisinger Direktor des Pharmakonzerns Ciba-Geigy für Ost- und Zentralafrika. Zusammen mit dem Uno-Kinderhilfswerk Unicef und der Weltgesundheitsorganisation förderte er massiv den Verkauf von Generika für die armen Bevölkerungsschichten, für die der Erwerb von patentgeschützten Medikamenten unerschwinglich ist. Er verdreifachte den Umsatz in fünf Jahren.
Nach der Fusion von Ciba-Geigy und Sandoz zu Novartis gründete Leisinger zusammen mit Konzernchef Daniel Vasella die Novartis-Stiftung für nachhaltige Entwicklung. Als Verantwortlicher der Stiftung über mehr als zwei Jahrzehnte erreichte er, dass Novartis sein Lepra-Medikament gratis an 6 Millionen Leprakranke abgab und sein Malaria-Medikament zum Selbstkostenpreis an Unicef und die Weltgesundheitsorganisation lieferte.
Praktische Erfahrung, analytische Brillanz, stete Dialogbereitschaft und der feste Glaube an das Gute im Menschen machen Klaus Leisinger zum aussergewöhnlichen Menschen, von dessen Visionen sein grossartiges Buch zeugt.
Jean Ziegler ist Soziologe, Vizepräsident des beratenden Ausschusses des Uno-Menschenrechtsrates und Autor. Sein neustes Buch: «Die Schande Europas. Von Flüchtlingen
und Menschenrechten.»
Integrität im geschäftlichen Handeln sowie im privaten Leben ist eine Selbstverständlichkeit.
Wer dieses Gesetz missachtet, wird von der Vergangenheit eingeholt.
Danke Herr Ziegler. Dann ist also auch nicht alles nur schlecht und nicht alle Manager eiskalte Halunken, die über Leichen gehen.