Früher musste Landschaftsgärtner Simon Schmutz auch mal einen «Garten des Grauens» bauen. Doch diese Zeiten sind zum Glück vorbei! Jetzt baut er Lebensräume für Igel, Insekten und Eidechsen.
MIT FREUDE: Simon Schmutz baut nah an der Natur. (Foto: Severin Nowacki)
Zurzeit hat Simon Schmutz (36) einen traumhaften Arbeitsplatz: «Herrlich ist es hier, die Rotmilane kreisen, die Aussicht ist toll.» Die aktuelle Baustelle des Landschaftsgärtners ist auf dem Belpberg BE. Der Auftraggeber will dort ein altes Bienenhaus zu einer Sauna umfunktionieren. Das Gelände darum herum ist sehr steil, deshalb wird terrassiert, mit Hilfe von Trockenmauern. Neben der zukünftigen Sauna soll zudem ein Trockenstandort entstehen. «Der ist gut für Wildblumen, weil diese nährstoffarme Böden brauchen», erklärt Schmutz. Dass er sich mit Wildblumen auskennt, ist kein Zufall. Schmutz arbeitet bei «Stolz Naturgarten» in Ostermundigen BE, einem naturnahen Gartenbauunternehmen mit 12 Mitarbeitenden. Schmutz sagt: «Früher war ich häufig gestresst bei der Arbeit, weil ich mit dem Vorgehen meiner Chefs nicht einverstanden war. Sie verspritzten Pestizide, bauten Fremdstoffe ein, pflanzten exotische Sträucher.» Seine jetzige Chefin verwendet hingegen nur Pflanzen aus Bio-Baumschulen, verbaut regionale Materialien, setzt auf einheimische Pflanzen. Und bei der Planung werde geschaut, wie Lebensräume für Tiere, etwa Bienen oder Igel, geschaffen werden können. Schmutz sagt: «Das ist sehr cool, weil es sehr nachhaltig ist und wir zur Biodiversität beitragen.» Aber diese Art zu gärtnern brauche auch viel Fachwissen und gute Argumente. Zwar gebe es nicht mehr so viele Leute, die exotische Pflanzen im Garten haben wollten. Wenn doch, versuche er sie vom naturnahen Gartenbau zu überzeugen. Besonders gut klappt das mit Lebensräumen für Insekten, die wiederum Futterquelle für Vögel sind. «Ich finde zu den meisten Kunden einen Draht!»
UMDENKEN. Schmutz arbeitet erst seit einem Jahr für die naturnahe Gärtnerei. «Aber im Kopf bin ich schon länger umgestiegen.» Und muss jetzt zum Glück keine «Gärten des Grauens» mehr machen. Das sind mit Vlies ausgelegte Steingärten, auf denen «rein gar nichts mehr wächst». Die Steingärten, die er heute macht, gleichen eher Alpwiesen und sind gut für kalkliebende Pflanzen. Auch bei den Fachleuten finde ein Umdenken statt, ist Schmutz überzeugt. Bei jüngeren Menschen ist das Interesse an Naturgärten grösser als früher. «Das hat vielleicht auch mit der Klimajugend zu tun.»
Das Erstellen von Trockenmauern wie auf dem Belpberg ist eine klassische Aufgabe für Schmutz und sein Team. Diese Mauern sind wichtige Lebensräume für zahlreiche Pflanzen und Tiere, etwa Eidechsen. Ein häufiger Auftrag ist auch das Sanieren von Rasen: «Aus einem englischen Rasen machen wir eine Blumenwiese.» Seine grösste Baustelle war in Lausanne, wo seine Firma 6000 Quadratmeter Land renaturieren durfte. «Das war ein super Auftrag!» Schön ist es auch, wenn seine Arbeit «verhäbt». So etwa bei der Kundin, die nach zwei Wochen anrief um zu berichten, dass in der Igelbehausung, die Schmutz gebaut hatte, bereits ein Igel wohne.
HANDWERK: Mal fein, mal gröber, aber immer mit Gefühl. Die Arbeit als Landschaftsgärtner ist abwechslungsreich und anspruchsvoll.
SIESTA. Woher kommt seine Liebe zur Natur? Schmutz erklärt: «Ich bin auf dem Land aufgewachsen, in Bösingen im Kanton Freiburg, und war schon immer naturverbunden.» Die Freude am Beruf kam hingegen erst nach der Lehre. Jetzt mache er es aber sehr gerne und möchte weiterhin auf diesem Beruf arbeiten, «solange der Körper es zulässt». Die Büez ist körperlich anstrengend: viel schaufeln und schwer tragen. «Früher mussten wir noch 50-Kilogramm-Zementsäcke tragen, aber das ist zum Glück vorbei.» Aber es brauche schon mehr Sensibilisierung für den Gesundheitsschutz in der Branche, findet Schmutz. Auch die Hitze sei immer mehr ein Thema. Schmutz ist überzeugt: «Wir werden uns anpassen müssen.» Im Geschäft werde diskutiert, für die Sommermonate wie in Spanien eine Siesta-Arbeitszeit einzuführen.
Denn die Hochsaison für die Landschaftsgärtner ist in den warmen Monaten, von April bis Oktober. In dieser Zeit würden sie bis zu 9 Stunden pro Tag arbeiten. Dafür habe er dann den ganzen Januar und den ganzen Februar frei.
Simon Schmutz ist Vorarbeiter, hat die Obergärtnerschule absolviert. Im August beginnt er den Naturlehrgang NGL an der ZHAW in Wädenswil ZH, die höchste Ausbildung im naturnahen Gartenbau. Er betreut auch Lernende: «Bei uns sind sie sehr motiviert, wollen es wissen!»
JAMES BOND. Schmutz selbst ist engagierter Gewerkschafter, seit 6 Jahren Unia-Mitglied. Eine Kollegin hat ihn überzeugt mit dem Argument: «Es bringt nichts zu jammern, lieber machen wir was!» Und in Bern seien sie eine coole Unia-Gruppe. «Da sind echte Freundschaften entstanden.» Momentan trifft sich die Gruppe jede zweite Woche, sonst wöchentlich, «eine Zeitlang haben wir uns zum Dienstagsbier getroffen». Die Treffen finden trotz Corona physisch statt, natürlich unter Einhaltung der Vorschriften. «Mit Videokonferenzen können wir nicht so viel anfangen.» Schmutz sagt: «Dank der Unia habe ich realisiert, dass es vorwärtsgeht, wenn man aktiv wird.» Beim allgemeinverbindlichen Gesamtarbeitsvertrag seien sie einen Schritt weiter, und auch beim Lohn gebe es Fortschritte.
Emotionale Gewerkschaftsmomente sind für Simon Schmutz jeweils die Aktionen an der Gartenmesse Giardina. Unvergesslich auch die Garetten-Demos oder das James-Bond-Double, das in Zürich mehr Lohn und mehr Ferien für die Gärtnerinnen und Gärtner forderte. Legendär ist für Schmutz auch das trojanische Pferd, das er und seine Kolleginnen und Kollegen durch die Stadt Bern zogen, für fünf Wochen Ferien, Frühpensionierung und gegen Dumpinglöhne.
Simon SchmutzDrums ’n‘ Roses
Simon Schmutz lebt in Bern. Während 10 Jahren hat er zuvor in Davos gewohnt. Im Sommer hat er dort als Landschaftsgärtner gearbeitet, im Winter in einer Bar, in einem Sportgeschäft oder im Coop – und stand so viel wie möglich auf dem Snowboard.
Als er 10 Jahre alt war, begann er mit Trommeln. «Wie an der Basler Fasnacht», erklärt Schmutz. Später stieg er auf Schlagzeug um. Er hat auch schon in Bands gespielt, doch heute macht er seine Beats für sich allein in einem Übungsraum.
Wenn’s geht, ist Schmutz auch gerne auf Reisen. «Mindestens einen Monat möchte ich schon in einem Land verbringen.» 2013 war er gar für ein Jahr in Südamerika.
FOTOS. Vor drei Jahren hat er mit Fotografieren angefangen. Mit seiner Nikon macht er viele Tierbilder. Das grosse Ziel: Vögel in Aktion fotografieren. Das nötige Wissen hat er sich über Youtube-Videos selbst beigebracht. Aber zufrieden mit den Resultaten ist er noch nicht: «Insekten gehen gut, aber Vögel sind schwierig.»
Simon Schmutz ist Unia-Mitglied und verdient 5600 Franken brutto.