Elektroautos sind umweltfreundlicher als Verbrenner. Dank immer umweltfreundlicheren und billigeren Batterien. Eine Elektrorevolution auf vier Rädern mischt jetzt deshalb die Autoindustrie auf. Ist das gut oder schlecht?
AUSSEN WEISS, INNEN ROT: Der Ford Mustang aus den 1960er Jahren soff über 17 Liter Benzin auf 100 Kilometer. Das entspricht 300 Kilowattstunden. Das aktuelle Modell kommt mit 20 Kilowattstunden aus für die gleiche Distanz. (Foto: Fors)
Wenn wir dem TCS glauben wollen, sind Elektroautos nicht nur umweltfreundlicher, sondern inzwischen – bezogen auf die Lebensdauer – auch günstiger als Verbrenner. Sie werden sich deshalb innert kurzer Zeit am Markt durchsetzen. Und immer mehr Automanager beginnen dies zu begreifen. Für Volvo-Chef Håkan Samuelsson ist deshalb klar: «Verbrenner sind Technik von gestern.»
Der neueste Ford Mustang etwa säuft nicht mehr 17 Liter Benzin auf 100 Kilometer – und somit 300 Kilowattstunden Strom, sondern begnügt sich mit weniger als 20 Kilowattstunden Strom. Ist das gut oder ist das schlecht? Beides ein bisschen. Elektroautos sind umweltfreundlicher als Verbrenner. Wenn sie viel billiger als diese werden, steigt die Nachfrage, und der Privatverkehr nimmt zu. Um das zu verhindern, müssen unsere Städte nur mehr autonom gesteuerte Fahrzeuge auf ihren Strassen verkehren lassen, sobald solche verfügbar sein werden. Und hohe Steuern und Abgaben auf Parkplätze erheben.
Faktisch gesehen würde in diesem wünschenswerten Szenario der private Verkehr zu einem öffentlichen Verkehr. Fast niemand fährt mehr mit dem Privatauto durch die Gegend, sondern öffentliche Autoflotten fahren uns alle umweltfreundlich von A nach B. Je nach Tageszeit etwas teurer oder etwas günstiger. Damit Strassen nicht ausgebaut, sondern rückgebaut werden können. Muss, wer Visionen hat, zum Arzt gehen? Oder müssen alle, die keine Visionen haben, sich von der Hausärztin dringend behandeln lassen? Die normative Kraft des Faktischen – und damit das Veränderungspotential der autonom gesteuerten Autos – wird sich durchsetzen.
DIE SPEICHERFRAGE. Der VW Buzz soll schon 2025 autonom gesteuert unterwegs sein. Vielleicht wird es auch zwei, drei Jahre länger dauern. Aber der Kapitalismus ist verdammt erfinderisch und zerstörerisch zugleich. Muss man ihn bändigen und abschaffen? Sinnvollerweise beides, aber eins nach dem andern, wie in Paris in der Apotheke.
Warum mischt die Elektrorevolution auf vier Rädern jetzt die Autoindustrie auf? Bill Clinton würde sagen: It’s the battery, stupid! Die Batterien wurden in den letzten Jahren immer umweltfreundlicher, billiger und leichter zugleich. Der Trend geht weiter: Hersteller wie Tesla gehen davon aus, dass der Preis pro gespeicherte Kilowattstunden auf unter 50 Franken sinken wird.
SYSTEMKONKURRENZ. Diese rosa Zukunftsaussichten werden auch den stationären Bereich der Speicherung und Verteilung des Stroms auf den Kopf stellen. Neue Konzepte und Anwendungen werden wie Pilze aus dem Boden schiessen. Auf den un-
sozialen fossilen Kapitalismus folgt somit vorerst der unsoziale solare Kapitalismus. Dabei gilt es zu beachten: Die sogenannt soziale Marktwirtschaft bescherte uns relativ goldene Nachkriegsjahre. Das Kapital war zu Zugeständnissen bereit, weil es in Systemkonkurrenz zur Sowjetunion stand. Als die Implosion des real nicht existierenden Sozialismus begann, setzte sich im Westen der Neoliberalismus durch. Neu sorgt absehbar die KP Chinas nicht nur militärisch, sondern auch sozial und ökologisch für ein bisschen Systemkonkurrenz.
Links zum Thema:
- rebrand.ly/elektromustang
Der neue Ford Mustang beschleunigt in weniger als 4 Sekunden auf 100 Kilometer. Und verbraucht pro 100 Kilometer – so man ihn vorsichtig fährt – nicht mehr als 20 Kilowattstunden Strom.
- rebrand.ly/pariserruhe
Regula Imboden stellte Radio SRF die Frage, warum eins nach dem andern wie in Paris?