Wenn die Hochzeitsglocken schweigen: Was Sie im Konkubinat beachten sollten

Glücklich werde man auch ohne Trauschein, ­finden mittlerweile viele. Aber auch Paare im Konkubinat sollten ein paar Weichen richtig ­stellen. Vor allem, wenn Kinder kommen.

ZIVILSTAND: IN LIEBE VEREINT. Zusammenleben kommt nicht ohne Regeln aus – auch nicht im Konkubinat. (Foto: Getty)

Was ist bloss mit der Ehe los? Kam es 1970 zu 7,6 Heiraten pro 1000 Einwohner, waren es 2019 noch 4,5. Tatsächlich hat der Ehestand einige rechtliche Privilegien und viel von seinem gesellschaftlichen Status eingebüsst. Das Heiraten ist für Paare, die zusammenleben wollen, heute nicht mehr unausweichlich.

Allerdings hat es durchaus praktische Vorzüge. Denn für die Ehe besteht ein Regelwerk, das man bei der Trauung sozusagen «von der Stange» bezieht und das auf viele Fragen fein austarierte Antworten kennt. Insbesondere, was die gegenseitigen Rechte und Pflichten anbelangt, die Vorsorge, das Erbe und natürlich die Prozeduren bei einer Scheidung.

Konkubinatspaare hingegen dürfen und müssen sich mit wichtigen Fragen befassen. Das beginnt mit praktischen Problemen beim Zusammenziehen: Wer unterschreibt den Mietvertrag für die Wohnung? Wer bezahlt wie viel an die gemeinsame Lebensführung? Wem gehört was, und wer erhält was, wenn wir uns trennen? Dar­über hinaus sind aber vor allem zwei Knackpunkte zu lösen, die es in sich haben: die Vorsorge und, wenn Kinder geplant sind, ihre Betreuung und ihr Unterhalt.

Im Erbfall kommen hinterbliebene Partner schlecht weg.

VORSORGE REGELN

Solange ein Paar ohne gemeinsame Kinder zusammenlebt, ist vor allem die gegenseitige Ab­sicherung für Todesfall und Alter wichtig. Beide bezahlen auf eigene Rechnung auf ihre Konti bei AHV und Pensionskasse ein. Beide erwerben sich damit ihren eigenen Rentenanspruch in beiden Säulen der Vorsorge. Das kann bei der AHV im Alter sogar von Vorteil sein (siehe Text rechts zur «Heiratsstrafe»).

Nachteilig hingegen: Im Todesfall erhält der überlebende Partner von der AHV keine Witwen- oder Witwerrente. Und von der Pensionskasse nur dann, wenn ihr Reglement die Begünstigung von Konkubinatspartnern erlaubt, das Konkubinat der Kasse schriftlich gemeldet worden ist und die Lebensgemeinschaft mindestens fünf Jahre gedauert hat. Beide Partner sollten das Konkubinat deshalb bei ihrer Pensionskasse frühzeitig anmelden – auch wenn die Fünfjahresfrist noch nicht erreicht ist.

Nur Nachteile hat das Konkubinat im Erbfall. Zwar können sich die Partner gegenseitig im Testament begünstigen, die Pflichtteile von leiblichen Kindern oder noch lebenden Eltern bleiben aber bestehen. Je nachdem machen diese Pflichtteile die Hälfte oder mehr des Nachlasses aus. Sollen sie wegfallen, müssen die rechtlichen Erben in einem Erbvertrag ihre Zustimmung geben. Und: Erbt eine Partnerin von ihrem Konkubinatspartner, wird das Erbe massiv besteuert, da erbrechtlich keine Verwandtschaft besteht.

Wer die Kinder betreut, sollte sich einen Vorsorgeausgleich sichern.

GEMEINSAME KINDER

Bei der Geburt eines Kindes steht bei unverheirateten Frauen von Gesetzes wegen zunächst nur fest, wer seine Mutter ist. Der Vater muss seine Vaterschaft beim Zivilstandsamt anerkennen. Wollen Mutter und Vater die elterliche Sorge gemeinsam ausüben, müssen sie beim Zivilstandsamt oder bei der Kinderschutzbehörde (Kesb) eine schriftliche Erklärung abgeben. Darin versichern sie, dass sie gemeinsam die Verantwor-tung für das Kind (und für weitere gemeinsame Kinder) tragen werden und dass sie sich einig sind, wie sie die Kosten und die Betreuungszeit untereinander aufteilen. Verbindlich festgehalten werden die Beiträge der beiden Partner zur Betreuung und zum finanziellen Unterhalt des Kindes aber erst mit einem von der Kesb genehmigten Unterhaltsvertrag. Dieser Vertrag regelt zudem, wer bei ­einer Trennung die Obhut über die Kinder behält und welche Unterhaltsbeiträge sich daraus ergeben. Der Vertrag ist nicht obligatorisch und mag auf den ersten Blick als schikanös erscheinen: «Dann hätten wir ja gleich heiraten können!» Aber er dient im Trennungsfall nicht nur dem Wohl des Kindes, er sichert auch jenem Partner, der nach der Trennung die Kinderbetreuung übernimmt, den finan­ziellen Spielraum, um dieser Aufgabe nachzukommen.

Sind Kinder zu betreuen, kommt ein weiterer Punkt ins Spiel: Jenem Elternteil, der diese Aufgabe zur Hauptsache wahrnimmt – meistens ist das immer noch die Frau –, drohen gewichtige Nachteile in der Vorsorge. Zwar schafft die AHV mit den Erziehungsgutschriften für betreuende Eltern einen gewissen Ausgleich in der Rentenberechnung der ersten Säule. Die zweite Säule dagegen berücksichtigt einzig das Lohneinkommen. Haushalts- und Erziehungsarbeit tragen dort also nichts zur Vorsorge bei. Kommt es bei einem Ehepaar zur Scheidung, werden immerhin die in den Ehejahren angesammelten AHV-Gutschriften und Pensionskassenguthaben zwischen beiden Partnern hälftig aufgeteilt. Trennen sich aber zwei Konkubinatspartner, ist jener Elternteil, der Haushalt und Kinder betreute, in der Vorsorge massiv benachteiligt. Dieser «Betreuungsnachteil» sollte ausgeglichen werden, indem der Elternteil, der seine Erwerbstätigkeit wegen der Kinder stärker reduziert oder ganz aufgibt, mit einem Vorsorgeausgleich entschädigt wird. Damit lässt sich ein Einkauf in die Pensionskasse oder eine Lebensversicherung finanzieren.

Am besten wird der Vorsorge­ausgleich vertraglich festgehalten. Ein gutes Beispiel für einen fairen Konkubinatsvertrag, der ­neben ­anderen rechtlichen und finan­ziellen Themen auch diesen Punkt ­berücksichtigt, finden Sie hier: ­rebrand.ly/konkubinatsvertrag.

DIE HALBE SACHE GANZ MACHEN

Gleichgeschlechtliche Paare ­können sich seit 2007 das Jawort zur eingetragenen Partnerschaft ­geben und sind dann in vielen Belangen den heterosexuellen Ehepaaren gleichgestellt. Aber nicht in ­allen. Etwa bei der Einbürgerung, beim Zugang zu Samenbanken, bei der Adoption oder beim Anspruch auf Witwenrente. Das Schweizer Parlament hat deshalb entschieden, die Ehe für alle einzuführen und damit in wichtigen Punkten den gleichen Rechtsstand für alle Paare, die heiraten. Nachdem vor einem Monat das Re­ferendum gegen die Ehe für alle eingereicht worden ist, kommt es voraussichtlich noch dieses Jahr zur Volksabstimmung. www.ehefueralle.ch


Heiratsstrafe«No Go» für ­die Ehe?

Ehen werden im Himmel geschlossen, aber auf Erden besteuert. Und mit dem Schlagwort «Steuern» verbindet sich sofort jenes der «Heirats­strafe», die auf der Politbühne immer wieder für erregte Debatten sorgt. Gemeint ist damit, dass verheiratete Paare gemeinsam eine höhere Steuerlast tragen müssen als Kon­kubinatspaare, die separat besteuert werden. Nun trifft das zwar zu, aber hauptsächlich für Ehepaare, von denen beide Partner überdurchschnittlich gut verdienen. Je geringer das gemeinsam erzielte Einkommen und je grösser die Differenz zwischen den einzelnen Einkommen beider Partner, desto geringer auch die Heiratsstrafe – je nach Wohn­kanton resultiert statt einer Strafe sogar ein Bonus.

RENTENVORTEIL. Der zweite ­Aspekt der Heiratsstrafe betrifft die Altersrenten der AHV. Erreichen beide Ehepartner das Rentenalter, betragen ihre Renten zusammengezählt höchstens das Anderthalb­fache der maximalen Ein­personenrente, also derzeit höchstens 3585 Franken. Konkubinatspaare dagegen ­erhalten im Alter, wenn beide Anrecht auf die maximale ­Rente haben, je 2390 Franken. Macht einen Unterschied von 1195 Franken. Dafür sind Ehepaare bessergestellt, wenn ­einer der Partner stirbt: Bis zum Rentenalter zahlt die AHV je nach Ehedauer und Alter der Kinder Witwen- und Witwerrenten, im Rentenalter dann immerhin für Witwen mit tiefen Einzelrenten noch einen Verwitwetenzuschlag. Hinterbliebene Partner im Konkubinat gehen hingegen leer aus.

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