Neue Kritik an Päckli-Gigantin DPD: Nach den Fahrern berichten jetzt auch Logistiker in den Depots von gefährlicher Arbeit und Schikanen.
NABIL BOUHDOUD: Der Logistiker musste für DPD 12 Stunden am Tag Päckli schleppen, viele davon waren über die erlaubten 25 Kilo schwer. (Foto: Stefan Bohrer)
Eine «Katastrophe» sei der Job, sagt Nabil Bouhdoud. Bis vor kurzem arbeitete er im Depot Möhlin im Kanton Aargau, einem von elf Schweizer DPD-Depots. Bouhdoud: «Wir tragen alle alles von Hand.» Gabelstapler oder auch nur einen Rollwagen stelle DPD nicht zur Verfügung, obwohl die Pakete manchmal 40 oder gar 50 Kilo schwer seien.
«Kaum ist der Kontrolleur weg, heisst es wieder: Tempo, Tempo!»
NICHT ERLAUBT
Eine solche Dauerbelastung verschleisst den Körper. Deshalb ist sie auch verboten. Gestützt auf das Arbeitsgesetz hält das Seco fest: Maximal zumutbar sind 25 Kilo. Und nur dann, wenn jemand eine Last «gelegentlich» tragen muss. Die DPD-Logistiker machen dagegen nichts anderes, als Lasten zu tragen. Manchmal seien es zwölf Stunden und mehr am Stück gewesen, so Bouhdoud. Mit gerade mal 30 Minuten Pause. Das gehe an die Substanz, sagt der 30jährige. Sein Lohn für diesen Chrampf: gerade einmal 23.48 Franken brutto pro Stunde. Ferien, Feiertage und 13. Monatslohn schon eingerechnet.
Schon im März machte die Unia die haarsträubenden Arbeitsbedingungen für die DPD-Fahrer öffentlich: Auch sie haben überlange Arbeitstage, ihre Arbeitszeit wird nicht erfasst, und bei Fehlern zieht ihnen DPD illegal Geld vom Lohn ab (work berichtete auf rebrand.ly/workdpd). Nach dieser Veröffentlichung meldeten sich auch DPD-Mitarbeitende in den Depots bei der Gewerkschaft. Unia-Mann Roman Künzler hat mit zahlreichen von ihnen gesprochen. Er sagt: «DPD setzt die Gesundheit dieser Menschen aufs Spiel.»
EIN GEFÄHRLICHER SPALT
Ein Beispiel: Zwischen Depot und Lastwagen klafft ein Spalt. 20 bis 30 Zentimeter, manchmal mehr. Immer wieder, so Logistikmitarbeiter Bouhdoud, gerate jemand mit dem Fuss in den Spalt und hole sich blutige Schrammen am Bein. Das darf nicht sein: Laut Suva-Vorgabe muss der Arbeitgeber ein Blech bereitstellen, um den Spalt zu überbrücken. Bouhdoud sagt, er und seine Kollegen hätten immer wieder auf die Gefahr hingewiesen. «Die Antwort hiess stets: Du musst halt besser aufpassen.»
Für Unia-Mann Künzler ist klar: «Solche Zustände würden Arbeitnehmende unter normalen Umständen niemals akzeptieren.» Das wisse auch die DPD. Deshalb greife die Firma in ihren Depots zu einem Trick: Sehr viele der Logistikerinnen und Logistiker seien Temporärangestellte. Im Depot Möhlin sogar alle. Das hat einschneidende Folgen: Die Päcklifirma kann sie von einem Tag auf den anderen los werden. Und lässt sie das auch spüren. Logistiker Bouhdoud: «Die Antwort des Chefs auf alle Anliegen war: Du bist nicht zufrieden? Allez, tschau!»
Mitte Mai intervenierte die Unia zusammen mit den Logistikern bei der DPD und der Personalfirma. Passiert ist seither wenig. Auf Anfrage von work schreibt die DPD nur: «Uns sind keine Fälle bekannt, wo Mitarbeitende zu lange arbeiten müssen.» Von den zu schweren Paketen will DPD ebenfalls nichts wissen: «Davon distanzieren wir uns.»
ZWEI KLASSEN VON MENSCHEN
Im Depot herrscht laut Bouhdoud eine strenge Hierarchie. Wer die Pakete schleppt, steht ganz unten. Oben stehen die Mitarbeitenden mit dem Scanner. Sie erfassen die Pakete, körperlich schwere Arbeit machen sie nicht – und sie sind fest angestellt. Direkt von DPD.
Schliesslich sind da noch die Chefs im Depot, die sitzen am Schalthebel der Macht. Wörtlich: am Regler für die Geschwindigkeit des Förderbands. In dem Takt, wie das Band die Pakete bringt, müssen die Arbeiter sie in den Camions verstauen. Manchmal so schnell, dass sie Gefahr laufen, sich die Hand zwischen zwei Paketen einzuklemmen. Doch eine Ausnahme gebe es, sagt Nabil Bouhdoud: Wenn ein Kontrolleur von der DPD-Zentrale vorbeikomme, laufe das Förderband langsamer. «Doch ist der Kontrolleur weg, heisst es wieder: Tempo, Tempo!»
Auch von der Zweiklassengesellschaft will die DPD nichts wissen und teilt mit: «Davon distanzieren wir uns.»
Das ist der Preis für billig. Hand aufs Herz, wer lässt seine Ware über DPD liefern? Man muss nicht alles bei Amazon bestellen. Man kann auch selber einkaufen gehen,
Ein richtiger Drecksladen ist die DPD. Das haben sie schon vor 15 Jahren (noch Kaiseraugst) gemacht. Damals die kalte Blechhalle beim Thommen gemietet. Wenn es im Winter minus Temperaturen hatte war es in der Halle noch kälter. Ein schäbiges Klo für fast 50-100 Mitarbeiter gehabt.
Einfach nur zu kotzen der Drecksladen.