Myriam Muff von der Unia-Rechtsabteilung beantwortet Fragen aus der Arbeitswelt.
Ich bewerbe mich auf eine ausgeschriebene Stelle. Seit kurzem weiss ich, dass ich schwanger bin. Was ist, wenn mich mein potentieller Chef nach einer allfälligen Schwangerschaft fragt? Muss ich ihm das am Vorstellungsgespräch mitteilen?
BEWERBUNG: Ihre Schwangerschaft müssen Sie nicht erwähnen. (Foto: Keystone)
Myriam Muff: Nein. Zwar unterstehen Sie und Ihr potentieller Arbeitgeber vom ersten Kontakt an, also schon vor dem Arbeitsvertrag, dem Prinzip von Treu und Glauben. Also einer Pflicht zu loyalem, korrektem Verhalten. Daraus lässt sich auch eine Informationspflicht ableiten. Wird diese verletzt (zum Beispiel, weil Sie in der Bewerbung bewusst falsche Angaben über Ihre Ausbildung machen), kann das zur Schadenersatzpflicht führen. Schwierig und nicht allgemein zu beantworten ist die Frage, wie weit die Auskunftspflicht der Stellensuchenden geht. Die Firma hat stets nur Anspruch auf Informationen im Zusammenhang mit dem Arbeitsplatz. Die Grenze bildet der Persönlichkeitsschutz der Bewerberinnen und Bewerber. Eine Nichtanstellung aufgrund einer bestehenden Schwangerschaft stellt grundsätzlich eine geschlechtsspezifische Diskriminierung im Sinne von Artikel 3 des Gleichstellungsgesetzes dar. Deshalb darf die Firma im Bewerbungsverfahren die Frage nach einer allfälligen Schwangerschaft gar nicht stellen. Tut sie es trotzdem, dürfen Sie die Frage im Sinne eines «Notwehrrechts der Lüge» verneinen. Sie als Bewerberin müssen Ihre Schwangerschaft grundsätzlich auch nicht selbst ansprechen. Eine Ausnahme gilt aber beispielsweise für eine Anstellung als Mannequin oder Tänzerin. Dort wäre die Frage nach einer Schwangerschaft berechtigt.