Die Chefs der Luxus-Kleidermarke Burberry gaben den Verkäuferinnen und Verkäufern im Tessin eine knappe Stunde, um zu kündigen. Doch diese wehrten sich. Mit einem Streik. Und mit Erfolg.
Wegen Streik geschlossen: Erst dann waren die Burberry-Chefs bereit, mit den Gewerkschaften zu verhandeln. (Foto: Unia)
Fast die Hälfte ihrer Arbeitsplätze im Tessin wollte die britische Luxus-Kleidermarke Burberry vernichten: 15 von 35 Stellen sollten verschwinden. Burberry betreibt zwei Läden im Kanton, beide im Shoppingcenter Foxtown in Mendrisio. Doch dieses musste in der Coronakrise Verluste hinnehmen: Die zahlungskräftigen Touristinnen und Touristen kamen weniger zahlreich als sonst.
«Es werden deutlich weniger Stellen abgebaut, und es gibt einen Sozialplan.»
ARROGANT UND RESPEKTLOS
Die Verkäuferinnen und Verkäufer reagierten rasch und erteilten der Unia sowie der christlichen Gewerkschaft OCST ein Mandat für Verhandlungen. Doch Burberry wollte nicht mit den Gewerkschaften verhandeln. Auch einen Sozialplan gab es nicht. Arrogant und respektlos seien die Chefs mit ihrer Belegschaft umgesprungen, schreiben beide Gewerkschaften in einer gemeinsamen Medienmitteilung.
Und dann dies: Per Mail teilt Burberry allen Mitarbeitenden mit, wer freiwillig kündige, bekomme eine Abfindung. Aber wenn es nicht genug Abgänge gebe, müssten die Verbleibenden mit der Entlassung rechnen. Und dann gebe es keine Abfindung! Das Mail trifft um 15.33 Uhr bei den Mitarbeitenden ein. Bis um 16.30 Uhr haben sie Zeit, sich zu entscheiden. Also genau 57 Minuten. Warum das Unternehmen so vorgeht, bleibt unklar. Auf die Fragen von work reagiert Burberry nicht. Giangiorgio Gargantini, Leiter der Unia Tessin, sagt: «Das ist nicht Burberry, das ist barbarisch.»
WENIGER ENTLASSUNGEN
Doch die Verkäuferinnen und Verkäufer lassen sich das nicht gefallen. Sie versammeln sich und beschliessen: Wir streiken. Als das Foxtown seine Tore öffnet, bleiben die beiden Burberry-Shops geschlossen. Der «Corriere del Ticino» berichtet online über den Arbeitskampf beim Luxuslabel, ebenso «La Repubblica» und «La Stampa» in Italien. Und plötzlich kommt Bewegung in die Sache. Noch im Laufe des Tages willigen die Burberry-Chefs in Verhandlungen ein, kurz vor 17 Uhr ist der Streik beendet. Schon zwei Tage später haben sich das Unternehmen und die Gewerkschaften geeinigt.
Die Details des Deals sind vertraulich. Aber Unia-Mann Gargantini sagt, das Verhandeln habe sich gelohnt: «Es werden deutlich weniger Stellen abgebaut als ursprünglich geplant. Wer gehen muss, bekommt Hilfe bei der Stellensuche. Und es gibt einen Sozialplan – mit einer Abgangsentschädigung für alle Entlassenen. Das starke Engagement der Mitarbeitenden hat es möglich gemacht, das Maximum herauszuholen.»
Entscheidend sei der Streik gewesen, sagt der Gewerkschafter: «Burberry hat sich drei Wochen lang geweigert zu verhandeln. Nach ein paar Stunden Arbeitsniederlegung haben sie ihre Haltung aufgegeben.»
Streik-ErfolgeGegen Abbau, für mehr Lohn
SIEG! 2009 streikten die Mitarbeiterinnen bei Spar in Heimberg für zwei Tage. (Foto: Keystone)
Streiken lohnt sich. Auch im Detailhandel. Drei Beispiele:
- 2003 und 2005 streiken die Logistikerinnen und Logistiker der Usego-Verteilzentren in Lyss BE und Egerkingen SO gegen Stellenabbau. Und erkämpfen nicht nur einen Sozialplan, sondern auch einen GAV für alle 1400 Usego-Mitarbeitenden.
- 2009 machen die Spar-Verkäuferinnen in Heimberg BE den Laden für zwei Tage dicht. Danach erhöht Spar die Löhne und schafft zwei zusätzliche Stellen.
- 2015 streiken die Verkäufer und Logistikerinnen der Detailhandelskette Crai Suisse im Tessin. Mit Erfolg: Nach zwei Tagen nimmt der italienische Konzern fünf Entlassungen zurück und bietet Hand zur Gründung einer Betriebskommission.