Die AHV ist gut für die Lohnabhängigen – und schlecht für die Finanzindustrie. Deshalb bekämpft die Finanz- und Versicherungslobby die AHV. Seit Beginn.
IKONISCH: Die Plakate des Künstlers Hans Erni prägten 1947 den Abstimmungskampf um die Einführung der AHV und gehören bis heute zu den bekanntesten politischen Plakaten der Schweizer Geschichte. (Bild: SGB)
Der Sommer 1947 ging als Dürresommer in die Schweizer Wettergeschichte ein. Und als Sommer, der eine öffentliche und solidarisch finanzierte Alterssicherung brachte. Am 6. Juli nahmen die Schweizer Männer das AHV-Gesetz an. Am 1. Oktober im Jahr darauf wurde die Alters- und Hinterbliebenenversicherung obligatorisch eingeführt. Finanziert durch Lohnbeiträge. Das Rentenalter lag bei 65 für Männer und Frauen. Die Minimalrente betrug 40 Franken. Damals wie heute reichte die AHV-Minimalrente bei weitem nicht zum Leben.
Die Rechten bekämpften die AHV seit Beginn.
GELDGIER. Und das hatte schon damals politische Gründe. Genau wie heute noch. Denn eine Altersrente, die im preisgünstigen und stabilen Umlageverfahren finanziert wird, ist ein Stachel im Fleisch des Kapitalismus. Umlageverfahren heisst nämlich, dass das Geld direkt von Jung zu Alt fliesst – ohne Umweg über den Finanzplatz. Deshalb liefen Banken und Versicherungen bereits gegen die Einführung der solidarischen AHV Sturm. In den Jahren 1925 und 1931 gelang es ihnen noch, eine Einführung zu torpedieren. 1947 dann nicht mehr. Was den Rechten aber leider immer gelungen ist: zu verhindern, dass die AHV-Rente existenzsichernd ist. Sie wollten und wollen sich das grosse Geschäft mit der privaten Vorsorge nicht wegnehmen lassen.
Immerhin waren die frühen Gegner der AHV noch ehrlich, wenn es um ihre Beweggründe ging: Sie kritisieren, dass die AHV-Gelder dem Börsencasino entzogen seien. Im Unterschied zu den privaten «Alterssicherungen» verdienen Banken und Versicherungen daran wenig bis nichts. Die heutigen Gegnerinnen und Gegner verschleiern ihre wahre Motivation hinter «Demographie-Argumenten».
SCHLECHTREDEN. Die Rechten konnten die AHV irgendwann nicht mehr verhindern. Aber sie schlechtreden, aushöhlen und lächerlich machen. Die gröbsten Angriffe konnten Gewerkschaften und linke Parteien bisher immer abwehren. Mit Ausnahme der Einführung eines Pensionskassenobligatoriums statt der Volkspension. Laut Geschichtsprofessor Hans Ulrich Jost war das «einer der grössten kapitalistischen Schachzüge». Die zweite Säule ist seither das grosse Geschäft der Versicherer – nicht der Versicherten. Eine Volkspension dagegen hätte existenzsichernde AHV-Renten gebracht.