Der Krieg in Afghanistan hat die USA und ihre Nato-Freunde 2000 Milliarden Dollar gekostet. Und er war von Anfang an sinnlos. Doch spiegeln sich in ihm technologische, gesellschaftliche und politische Entwicklungen. Und er liefert der GSoA einen Kollateralnutzen.
SIEG DER TALIBAN: Teures Rüstungsmaterial bringt gegen hochmotivierte Steinzeitkämpfer rein gar nichts. (Foto: Keystone)
Vor zwanzig Jahren hat die Nato Afghanistan überfallen. Und dies, obwohl die Attentäter des 11. September 2001 vorab aus Saudiarabien stammten. Daraus entstand der längste Krieg in der Geschichte der USA. Gewonnen haben ihn die Steinzeit-Taliban.
ENDE MIT SCHRECKEN. Einen hohen Blutzoll haben neben der Zivilbevölkerung rund 120’000 tote Taliban-Kämpfer bezahlt. Im Gegensatz dazu fielen nicht einmal 4000 Nato-Soldaten. 15 Mal weniger als im Vietnamkrieg.
Allen war klar: Nach dem Abzug der USA und ihrer Verbündeten werden die Taliban die Macht übernehmen. Deshalb hat Ex-Präsident Donald Trump nur mit den Taliban verhandelt. Ohne dass die US-Marionettenregierung auch nur am Katzentisch sitzen durfte.
Für wen in aller Welt hätten die schlecht bezahlten afghanischen Söldner-Soldaten auch nur einen Tag lang kämpfen sollen? Wären ja alle schön blöd gewesen! Der wahre Held des Abzuges ist im Brechtschen Sinne der hochkorrupte afghanische Ex-Präsident Aschraf Ghani. Er setzte sich mit ein paar Dutzend Millionen Dollar in einen Helikopter und flog nach Doha, der Hauptstadt des Emirats Katar. Um ein unnötiges Blutvergiessen zu vermeiden. Mehr Gutes konnte er nicht tun.
Der sinnlose Krieg hat die US-Amerikaner und ihre Nato-Freunde 2000 Milliarden Dollar gekostet. Und somit pro Einwohnerin oder Einwohner Afghanistans 100’000 Franken.
Der verlorene Krieg beweist, teures Rüstungsmaterial bringt selbst gegen motivierte Steinzeitkämpfer rein gar nichts. Kein Detail: Die F-35-Superkampfmaschinen – von denen Armeeministerin Amherd rund drei Dutzend kaufen will – kamen beim Abzug gar nicht zum Einsatz. Die US-Generäle trauen diesen anfälligen Hightech-Fliegern nicht über den Weg. Diese Tatsache ist als Kollateralnutzen zusätzliche Gratismunition für die Gruppe Schweiz ohne Armee.
US-Präsident Joe Biden hat ein Ende mit etwas Schrecken einem Schrecken ohne Ende vorgezogen. Im Rückblick wird seine Bilanz vielleicht gar nicht so schlecht aussehen. Beim Abzug kamen 13 US-Amerikanerinnen und -Amerikaner ums Leben. Und dies nicht einmal wegen der Taliban. Dank der super leistungsfähigen Biden-Luftbrücke schafften 160’000 Menschen den Sprung ins Ausland.
Und jetzt lassen die Taliban offenbar noch alle verbleibenden Yankees und deren Hilfskräfte abreisen.
OPIUM FÜRS VOLK. Afghanistan ist kein Land, sondern ein Flickenteppich von Landstrichen, die von unterschiedlichen Ethnien kontrolliert werden. Die Menschen haben sich in den letzten zwanzig Jahren an das Manna des vom Westen finanzierten Kriegs-Keynesianismus gewöhnt. Wenn unter den Taliban kein Geld mehr fliesst, werden die lokalen Kriegsfürsten, die Warlords, zu jenen Waffen greifen, die sie versteckt haben.
Die Taliban wissen das. Denn sie hatten zwanzig Jahre Zeit nachzudenken. Sie tauschen deshalb Geld gegen Wohlverhalten. Gegen genügend Cash werden sie selbst den Frauen Rechte zugestehen und brav den Islamischen Staat bekämpfen, mit dem sie verfeindet sind. Beides in ihrem und unserem Interesse.
Zwei Trümpfe hat Europa bisher noch nicht gespielt:
Trumpf 1: 90 Prozent der weltweiten Opiumproduktion stammen aus Afghanistan. Auch die Taliban finanzierten sich zu einem schönen Teil über den Drogenhandel. Wenn in Europa endlich auch harte Drogen kontrolliert abgegeben werden, bricht dieses Geschäft weg. Und die segensreiche Abhängigkeit von westlichen Zahlungen würde weiter zunehmen.
Trumpf 2: Die Europäische Union müsste die vorübergehende Schwäche der USA nutzen, um das Iran-Atomabkommen wieder in Kraft zu setzen, und auf Sanktionen ganz verzichten. Vorausgesetzt, Iran richtet eine Sicherheitszone für jene Flüchtlinge ein, die den gekauften Taliban noch nicht ganz trauen.
Das alles wird Jahr für Jahr eine grosse Stange Geld kosten. Aber immer noch weniger als die Weiterführung eines Krieges, der von Beginn weg sinnlos war.
Die USA wollen, dass die Deutschen mindestens 2 Prozent ihres Bruttoinlandprodukts für Aufrüstung ausgeben. Noch-Kanzlerin Angela Merkel hat dies verhindert. CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet will nachgeben. Der Ausweg: Deutschland erhöht die Hilfe für die zivilen Aufbauhilfen und lässt sich das anrechnen. Und alle könnten das Gesicht wahren.