Die Prämien der Krankenversicherung sinken aufs neue Jahr im Landesmittel um minimale 0,2 Prozent. Die Belastung der Haushalte bleibt hoch. Darum gilt nach wie vor: Nutzen Sie die Sparmöglichkeiten!
DAS GEHT INS GELD: Krankenkassenprämien sind in den meisten Haushalten ein grosser Ausgabenposten. Umso mehr lohnt es sich, alle Sparoptionen zu nutzen. (Foto: Keystone)
410 Franken pro Monat. So viel bezahlen Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons Basel-Stadt nächstes Jahr im Durchschnitt pro Kopf für die obligatorische Krankenversicherung. Kinder- und Jugendrabatte, Vergünstigungen für prämiensenkende Arztmodelle und höhere Franchisen bereits abgezogen. In Appenzell Innerrhoden hingegen liegt die Durchschnittsprämie bei 215 Franken und damit um beinahe die Hälfte tiefer. Denn für die Prämienberechnung stellen die Versicherungen auf die Kosten pro Region ab. Je städtischer die Region, desto höher sind im allgemeinen die Kosten. Wer in einer Region mit hohen Kosten wohnt, kann dem nur durch Umzug entrinnen – aber wer wählt seinen Wohnort schon aufgrund der Höhe der Krankenkassenprämie?
Bleiben die anderen Möglichkeiten, die individuelle Prämie zu senken: die Wahl eines Sparmodells mit meist eingeschränkter Arztwahl, die Erhöhung des Betrags, den Sie pro Jahr maximal selbst an Ihre Gesundheitskosten bezahlen (Franchise), oder der Wechsel zu einer günstigeren Krankenkasse.
SPARMODELLE
Im Standardmodell der Grundversicherung haben Sie freie Arztwahl, dürfen sich also auch direkt bei Spezialisten von der Dermatologie bis zur Urologie zur Behandlung anmelden. Mit anderen Modellen verzichten Sie auf diese Freiheit ganz oder teilweise. Verbreitet sind das Hausarztmodell, das HMO-Modell und Telmed. Im Hausarztmodell entscheiden Sie sich für eine von der Versicherung anerkannte Hausärztin oder einen Hausarzt als Ihre erste Anlaufstelle, die oder der Sie an andere Leistungsträger überweist. Im HMO-Modell ist diese Anlaufstelle ein Ärztenetzwerk oder eine Gruppenpraxis. Im Telmed-Modell schliesslich müssen Sie beim Auftauchen eines gesundheitlichen Problems zuerst das von der Versicherung bezeichnete Callcenter anrufen, wo medizinisch geschultes Personal Ihre Symptome einschätzt und – je nach vertraglicher Vereinbarung – den ersten Behandlungsschritt empfiehlt oder verbindlich vorschreibt. Das Sparpotential liegt je nach Kasse und Modell bei 5 bis 25 Prozent der Grundprämie.
Wenn Sie bei Ihrer Kasse zu einem Sparmodell wechseln möchten, können Sie dies auch unter dem Jahr tun. Überzeugt Sie das Sparmodell einer anderen Kasse mehr, gelten die Regeln des Kassenwechsels (siehe unten).
Mit eingeschränkter Arztwahl sparen Sie bis 25 Prozent.
HÖHERE FRANCHISE
Die Franchise sagt aus, bis zu welchem Betrag pro Jahr Sie die Kosten für ärztliche Behandlung und verschriebene Medikamente selber tragen müssen. Zu den weiteren Kosten steuern Sie dann nur noch einen Selbstbehalt von 10 Prozent bei – bis zum Höchstbetrag von 700 Franken jährlich. Die minimale Jahresfranchise beträgt bei Erwachsenen 300 Franken. Bei Kindern bis 18 Jahre wird keine Franchise erhoben (Selbstbehalt maximal 350 Franken). Während die Selbstbehalte fix sind, können Sie sich für eine Erhöhung der Franchise entscheiden, bis zum Betrag von maximal 2500 Franken statt 300 Franken. Bei Kindern können Sie eine Franchise bis 600 Franken (statt keine) wählen.
Da Kinder in der Regel jedes Jahr mal krank werden oder wegen eines Unfalls behandelt werden müssen, lohnt sich bei ihnen die Erhöhung der Franchise kaum jemals. Als gesunde Erwachsene können Sie sich die Erhöhung aber durchaus überlegen. Denn in einem Jahr ohne Krankheitskosten sinkt die Prämienlast um bis zu 1540 Franken – das sind je nach Region, Kasse und Versicherungsmodell zwischen 20 und 40 Prozent der Jahresprämie. Wählen Sie aber entweder die tiefste oder gleich die höchste Franchise: Sie bringt bei geringen Krankheitskosten die höchste Einsparung.
Sie können jährlich zu einer höheren oder tieferen Franchise wechseln. Wählen Sie eine tiefere, müssen Sie dies der Kasse bis zum 30. November schriftlich mitteilen (siehe auch «Kassenwechsel»). Eine Erhöhung der Franchise teilen Sie der Kasse bis Ende Jahr mit (empfohlen: bis 15. Dezember).
KASSENWECHSEL
Jede Kasse hat ein anderes Versichertenportfolio und damit unterschiedliche Kosten. Diese werden mit dem Risikoausgleich unter den Versicherern nur teilweise ausgeglichen. Darum schlagen die Kostenunterschiede unter den Kassen spürbar auf die Prämienhöhe durch. Gleichzeitig sind die Kassenleistungen für die Grundversicherung im Gesetz definiert, und alle Kassen müssen ihre Vergütungen nach dem gleichen Katalog ausrichten.
Das bedeutet: ob eine Kasse eher hohe oder eher tiefe Prämien erhebt – der Gegenwert für die Versicherten ist der gleiche. Und das Sparpotential beim Wechseln ist erheblich: Vergleicht man die Normalprämien der jeweils 20 grössten Krankenversicherer pro Region, lassen sich mit dem Wechsel von der teuersten zur günstigsten Kasse je nach Region zwischen 15 und 25 Prozent sparen.
Wollen Sie die Kasse wechseln, muss Ihre Kündigung bei der jetzigen Kasse bis spätestens 30. November eingetroffen sein. Kündigen Sie vorsichtshalber eingeschrieben, und dies ein, zwei Wochen vor Termin. Melden Sie sich vorgängig bei der neuen Kasse an. Ihr Antrag muss nur Namen, Adresse und Jahrgang enthalten, Angaben zur Gesundheit sind nicht erforderlich.
Für Zusatzversicherungen gelten andere Kündigungsfristen und Regeln. Lesen Sie dazu den work-Ratgeberbeitrag: «Überflüssiges geht schnell ins Geld»: rebrand.ly/Zusatzversicherung.
- Prämienvergleich 2022 gesamte Schweiz, Details zum Vorgehen beim Kassenwechsel einschliesslich Kündigungsformular: priminfo.ch
Auch bei Prämienverbilligung
Erhalten Sie Prämienverbilligung? Auch für Sie lohnt sich der Kassen- und Modellvergleich. Denn die Verbilligung wird anhand von Referenzprämien berechnet und nicht auf Basis Ihrer individuellen Krankenversicherung. Und: Prüfen Sie jedes Jahr neu, ob Sie in Ihrem Wohnkanton Anspruch auf Prämienverbilligung erheben können! Siehe auch work-Ratgeber «So funktioniert die Prämienverbilligung»: rebrand.ly/praemienverbilligung
KassenreservenSchmürzelig
750 Franken bekäme die Schweizer Bevölkerung pro Kopf von den Schweizer Krankenversicherern zurück, würden diese ihre Reserven um die Hälfte abbauen. Das könnten sie tatsächlich, denn der Bundesrat hat beschlossen, dass die Kassen ihre Rücklagen für Risiken bis zu einer «Solvenzquote» von 100 Prozent herunterfahren dürfen. Aktuell liegt diese Quote aber im Mittel bei über 200 Prozent – also um über 6 Milliarden Franken höher als nötig.
DREI PROZENT. Nach den bisherigen Ankündigungen werden die Kassen allerdings von den mittlerweile gegen 13 Milliarden Franken betragenden Reserven nur rund 400 Millionen an die Versicherten vergüten: «Das sind nicht 50, sondern 3 Prozent des Reservebestands und gerade ein Prozent des Prämienvolumens», sagt SGB-Zentralsekretär Reto Wyss: «Ein Tropfen auf den heissen Stein.»
KNAPP RECHNEN. Die Kassen sind vom Bund gehalten, Reserven vor allem so aufzulösen, dass sie die Prämien der nächsten Jahre nicht kostendeckend kalkulieren und die Differenz mit Entnahmen aus der Reserve decken. Stellen sie in der Nachkalkulation eines Prämienjahres fest, dass sie zu hohe Prämien errechnet hatten, können sie auch eine Rückzahlung an die Versicherten machen. Einige grosse Kassen wählen jetzt die letztere Variante – Assura, Helsana, CSS und Groupe Mutuel –, andere verwenden die Gelder zur Prämiensenkung (Swica, Sanitas) oder für eine Kombination aus beidem (Visana, Concordia). Wer Ende Jahr zu einer neuen Kasse wechselt, verzichtet also unter Umständen auf eine Rückzahlung seiner bisherigen Versicherung. Aber: Wie hoch die Rückzahlung ausfallen würde, ist offen, voraussichtlich liegt sie bei höchstens 50 bis 100 Franken. Mit dem Wechsel von einer teuren zu einer günstigen Kasse sparen Sie leicht ein Mehrfaches!