Katrin Bärtschi ist Briefträgerin in Bern und Gewerkschafterin.
Die Briefträgerin wurde gefragt, ob sie für diese Ausgabe etwas zum Thema «Jubiläum» schreiben könnte. Denn work wird ja 20 Jahre alt. Einen Moment war sie ratlos, dann keimten erste Ideen. Jubiplärium, wie es im Berner Oberland zum Spass heisst – was könnte es bei der Post zu feiern geben? Die Schweizerische Bundespost wurde 1849 gegründet – kein runder Geburtstag also heuer. 1920 entstand die Post Telefon Telegraph PTT, auch knapp daneben. 1998 wurde diese dereguliert und aufgespalten in zwei Konzerne: die Schweizerische Post und die Swisscom – kein Grund zum Jubilieren, findet die Briefträgerin. Denn ihr liegt ein starker, umfassender Service public am Herzen. 2013 dann die Verwandlung der «öffentlichrechtlichen Anstalt» in eine «spezialgesetzliche Aktiengesellschaft» – noch weniger ein Anlass für ein Fest, auch wenn der Bund (vorläufig?) Alleinaktionär bleibt.
«DXP, das Dreirad: Oh reines, ungemischtes Glück!»
WUNDERWÖRTER. Gibt es kleinere Ereignisse, die beklatscht werden könnten? Die Einführung der Scanner? Viele alte Pöstler murren heute noch beim Gedanken daran. Die Ablösung der alten «Industriegeräte mit Laserstrahl» durch Smartphones? Sie sind nicht mehr wegzudenken, sind sicher nützlich, aber auch Instrumente der zunehmenden Fremdbestimmung. GFS, die Gangfolgesortierung (welch entzückendes Wort! Wer es wohl erfunden hat?), das heisst, die Sortierung der «maschinenfähigen» Briefe (auch so eine Wunderwortschöpfung!) bis «hinunter» auf die einzelnen Hausbriefkästen durch die Maschinenmonster in den riesigen Sortierzentren? Auch hier sehr gemischte Gefühle. Der DXP, das Dreirad? O reines, ungemischtes Glück! Ein Hoch auf ihn! Hurra!
NIE ZUR POST. Und was meinte der Spassvogel, von der Briefträgerin um Rat gefragt? «2023 werde ich mein 40-Jahre-Jubiläum bei der Post haben. Dass es bald hindenabe geit und dass ich schon so lange dabei bin, das gibt mir schon zu studieren. Denn: Wenn ich vor 40 Jahren gewusst hätte, was ich heute weiss … ich wäre garantiert Gärtner geblieben. Schon mein Grossvater sagte immer: ‹Beat, geh nie zur Post!› Habe ich auf ihn gehört?! – Er war Käser.»