Ein landesweiter Streik der Päcklizustellenden zwang den US-Multi Amazon in Italien schliesslich in die Knie. Er muss nun den Logistik-GAV einhalten.
AMAZON-STREIK: Tausende protestierten in Italien. (Foto: Getty)
Soeben musste der US-amerikanische Online-Riese im Arbeitsministerium in Rom eine Vereinbarung mit den italienischen Grossgewerkschaften CGIL und CSIL unterzeichnen. Sie besagt, dass der Konzern die Regeln des geltenden Logistik-GAV in Italien einhalten solle. Nichts, was Amazon weniger gern täte. Denn erstens verhandelt Amazon nicht mit Gewerkschaften. Und zweitens will man sich keine Löhne vorschreiben lassen.
AMAZONS ACHILLESFERSE
Doch in Italien gibt es keinen Durchmarsch für Amazon-Milliardär Jeff Bezos. Im vergangenen März legte ein Streik die Amazon-Lieferkette im Land lahm. Ohne diese funktioniert der Konzern nicht, sie ist seine Achillesferse. Tausende streikten aus Protest gegen Amazons Weigerung, sich zu einem GAV mit anständigen Arbeitsbedingungen zu verpflichten. Daraufhin ordnete das Arbeitsministerium ein Dialogverfahren an. Dessen Ergebnis ist die erwähnte Vereinbarung. Ob der US-Konzern sich tatsächlich an die geltenden Logistikregelungen hält, ist aber noch offen. Amazon war nicht nur wegen des Streiks zum Dialog gezwungen. Der Konzern will auch ein zweites grosses Verteilzentrum in der Basilicata im Süden bauen. Dabei ist er auf den Goodwill der Behörden angewiesen.
«Diese Vereinbarung ist weltweit ein Novum.»
KRIMINELLE PRAKTIKEN
Der Erfolg der italienischen Gewerkschaften ist ein Durchbruch. Denn Amazon hat mit dem Aufbau eigener Lieferdienste mit Partnerfirmen begonnen («Amazon Logistics»). Dieses Netz baut der Digitalkonzern nach dem System des Fahrdienstes Uber via eine Online-Plattform auf. So kann er die Arbeitsbedingungen diktieren, ohne eigene Angestellte zu haben. In den abhängigen Subunternehmen sowie bei den einzelnen Kurierfahrerinnen und -fahrern herrschen prekärste Arbeitsverhältnisse mit Stress, Niedriglöhnen und überlangen Arbeitszeiten. Teils blühen auch kriminelle Praktiken, indem Sozialversicherungen nicht abgerechnet werden, Lohn bar auf die Hand bezahlt und schwarzgearbeitet wird. In solchen Jobs arbeiten vor allem Leute mit Migrationshintergrund, die sonst wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Dies hat soeben die Rosa-Luxemburg-Stiftung in einem neuen Bericht mit dem Titel «Amazons letzte Meile»* enthüllt. «Amazon ist ein Treiber der Prekarisierung», macht der Report klar.
EINE PREMIERE
Nicht nur in Italien liefern Zehntausende täglich Pakete für Amazon Logistics aus. Deshalb weist der gewerkschaftliche Erfolg weit über das Land hinaus. CGIL-Generalsekretär Maurizio Landini freut sich: «Diese Vereinbarung ist weltweit ein Novum im Verhältnis der Gewerkschaften zum E-Commerce-Riesen.»
* Download unter: rebrand.ly/letzte-meile-amazon
Tageszeitung „Junge Welt“ für weitere Informationen