Hans Baumann ist Ökonom und Publizist.
Die Lohndiskriminierung von Frauen ist grösser, als es in den üblichen Lohnvergleichen gezeigt wird. Denn zusätzlich zur Differenz bei den Bruttolöhnen gibt es krasse Unterschiede bei den Arbeitgeberbeiträgen für die Pensionskasse. Und diese machen einen nicht unbedeutenden Teil des Lohnes aus. Hohe Kaderleute bekommen nicht nur das Vielfache an Lohn, sondern überproportional mehr in Form von Pensionskassenbeiträgen. Die Lohnschere zwischen Mann und Frau wie auch zwischen Tieflöhnen und Spitzenlöhnen geht dadurch noch mehr auseinander.
(Quelle: Christoph Lips, Frauendiskriminierung in der Pensionskasse, baumanneconomics.ch/aktuell/)
SECHS MAL MEHR. In der offiziellen Statistik über Lohnungleichheit werden die Brutto- oder Nettolöhne miteinander verglichen. Der Rückstand der Frauen- auf die Männerlöhne beträgt laut Lohnerhebung 2018 im Durchschnitt aller Branchen 19 Prozent. Um die Lohnschere zwischen Spitzenlöhnen und Tieflöhnen darzustellen, werden üblicherweise die zehn Prozent mit den höchsten (Brutto-)Löhnen mit den untersten zehn Prozent verglichen. Hier zeigt uns die Lohnstrukturerhebung 2018, dass die obersten 10 Prozent rund sechs Mal mehr verdienen als die untersten zehn Prozent, Tendenz steigend!
BEITRÄGE DER ARBEITGEBER. Tatsächlich ist die Lohnschere aber noch grösser. Nicht berücksichtigt werden bei diesen Vergleichen nämlich die Arbeitgeberbeiträge an die Pensionskasse. Und diese können für ältere Arbeitnehmende schnell einmal 10 bis 20 Prozent des Lohnes ausmachen. Der Chefarzt eines Zürcher Spitals ist zum Beispiel in der Lohnklasse 28 eingeteilt und verdient mit rund 240 000 Franken 3,6 Mal mehr als eine Pflegehilfe mit rund 67 000 Franken Lohn. Wegen des Koordinationsabzugs und weil der versicherte Lohn gegen oben in den meisten Pensionskassen nicht begrenzt ist, erhält der Chefarzt aber über 37 000 Franken pro Jahr an Arbeitgeberbeiträgen, das sind 5,1 Mal mehr als die Pflegehilfe mit 7400 Franken. Dabei ist der Lohnunterschied mit dem Faktor 3,6 im Spital nicht einmal besonders hoch: Managerlöhne in Grosskonzernen können auch 10 oder 50 Mal höher sein als Tieflöhne. Entsprechend höher sind dann auch die BVG-Arbeitgeberbeiträge.
Die Konsequenz bei der Ungleichheit der Arbeitgeberbeiträge ist später die Altersarmut, weil Niedriglohnbeziehende nur wenig Alterskapital ansparen können. Vor allem viele teilzeitbeschäftigte Frauen haben kaum oder gar nichts von der zweiten Säule. Sie sind fast ausschliesslich auf die AHV angewiesen. Deshalb ist es so wichtig, hier Gegensteuer zu geben, indem die sozial ausgestaltete AHV gegenüber der zweiten Säule gestärkt wird.
Hans Baumann ist Ökonom und Publizist.