Die bisherige Chefin von Greenpeace International, Jennifer Morgan, ist neu Staatssekretärin im deutschen Aussenministerium. Sie soll solarfaulen Ländern weltweit auf die Sprünge helfen. Wir dürfen uns freuen.
KÜHNE WAHL: Deutschlands Aussenministerin Annalena Baerbock hat Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan (Foto) in ihr Team geholt. (Foto: Keystone)
Die Leserinnen und Leser von work wissen es schon länger: Das ganz grosse Ding in Sachen Solarenergie werden bifaziale Freiflächenanlagen in den Alpen sein. Und der Startschuss fiel in Gondo VS. Der Fotograf und Maler Renato Jordan besitzt dort 2 Millionen Quadratmeter Boden, der von der grenznahen Nationalstrasse bis auf 2500 Meter über Meer reicht. Sein Schwager René Dirren war vor seiner Pensionierung CEO der schweizerisch tätigen Enalpin, die von der deutschen Energieanbieterin EnBW kontrolliert wird. Diese parastaatliche EnBW des Landes Baden-Württemberg und seiner Gemeinden setzt voll auf neue, erneuerbare Energien. Neben EnBW sind die Schweizer Energiekonzerne Axpo und Alpiq Vorgartenzwerge.
Verwaltungsrat in den diversen von der EnBW kontrollierten Gesellschaften ist neu der Walliser Nationalrat und Fraktionspräsident der Mitte, Philipp Matthias Bregy. Er ist der mit Abstand aktivste und erfolgreichste Pöstlisammler im Bundeshaus.
Filz ist ein gutes Tuch, das ab und zu weiterhilft. Nicht erstaunlich also, dass sich Bregy aktiv für bifaziale, alpine Solaranlagen einsetzt. Er erhielt von den Deutschen eine Kurzbleiche.
Im Norden der Gondoschlucht befinden sich Alpjen und Alpjerung. Und hier will die Alpiq – oder ihre Tochter EES – die grösste alpine Solaranlage der Schweiz bauen. Noch stellen sich viele dumm, wenn es um die Grössenordnungen geht.
WINTERLOCH: Wenn wir aus der Atomkraft aussteigen wollen, vielleicht auch aussteigen müssen, dann hat die Schweiz ein Winterloch von 25 Milliarden Kilowattstunden Strom. Mit oder ohne Rahmenabkommen müssen wir diesen Strom mit Vorteil in der Schweiz selber produzieren. Möglichst schnell, sonst stehen uns die Freisinnigen noch mit ihren Atomkraftwerken in der Haustüre.
Wo produzieren? Wer auf dem Dach der Unia-Zentrale in Bern Solarpanels montiert, erntet im Winter pro Kilowatt Leistung bestenfalls 300 Kilowattstunden Strom. Mit Gondo Solar 970 Kilowattstunden. Der für den ökologischen Umbau notwendige Ressourcenverbrauch wird somit auf einen Drittel reduziert.
Die zwei ganz grossen Solarbomben kommen aber aus Deutschland.
Solarbombe 1: Der grüne deutsche Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, Robert Habeck, wird den Deutschen in wenigen Wochen ein grosses Osterei ins Nest legen: Bis 2030 sollen in Deutschland nämlich 200 Gigawatt Solarenergie zugebaut werden. Der Booster ist die Fläche. Die Bauern sollen neu Strom produzieren. Zum Vergleich: 25 Gigawatt Zubau in den Schweizer Alpen würden ausreichen, damit wir uns ab 2032 autonom und klimaneutral selbst versorgen könnten. Auch dann, wenn wir die Atomkraftwerke vom Netz nehmen. Und auch dann, wenn wir voll auf Elektroautos und Wärmepumpen umsteigen. Wann erwacht Energieministerin Simonetta Sommaruga endlich?
Solarbombe 2: Wer kannte bisher Jennifer Morgan? Seit sechs Jahren ist sie Chefin von Greenpeace International. Jetzt hat sie die grüne deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock zur Staatssekretärin in ihrem Ministerium gemacht. Morgan, bisher immer etwas technologiefeindlich unterwegs, soll weltweit solarfaulen Ländern wie der Schweiz Beine machen. In der technologiefreundlichen Logik der deutschen Grünen. Wir dürfen uns freuen. Umso mehr, als Jennifer Morgan einst in der Schweiz politisiert wurde. Während eines zweimonatigen Austauschaufenthaltes im Nest Niedererlinsbach im Kanton Solothurn. Und somit ausgerechnet im Bezirk Gösgen. Welche Zeitung wird als erste aus Niedererlinsbach berichten?