Andreas Rieger
In Spanien hatten ältere Arbeitnehmende noch vor zehn Jahren eine feste Anstellung mit Kündigungsschutz. Die jüngeren dagegen mussten sich von einem befristeten Job zum nächsten hangeln. Alle kritisierten diese Spaltung des Arbeitsmarkts. Die neoliberale Antwort des konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy war einfach: 2012 kappte er kurzentschlossen den Kündigungsschutz und schuf noch flexiblere Arbeitsverträge. Jetzt konnten die Firmen auch die Älteren schassen und dann befristet anstellen. Gleichzeitig schwächte Rajoy die Gesamtarbeitsverträge: Die Patrons konnten in den Betrieben tiefere Löhne aushandeln als im Branchenvertrag. Und sie konnten bei vertragslosem Zustand die Arbeitsbedingungen verschlechtern. Mit verheerenden Folgen: Heute ist der spanische Arbeitsmarkt der prekärste der EU. Ein Viertel aller Arbeitsverträge sind befristet. Bei den neuen Verträgen sind es mehr als die Hälfte! Speziell prekär ist es auf dem Bau: Die Arbeiter sind hier ihren Job jedes Mal los, wenn der Bauauftrag erledigt ist.
Neu soll der unbefristete Arbeitsvertrag der normale sein.
DIAZ ERMÖGLICHT REFORM. Als die linke Regierungskoalition von PSOE und Podemos an die Regierung kam, versprach sie, diese unmöglichen Zustände zu bekämpfen.
Arbeitsministerin Yolanda Díaz handelte 2021 mit den Spitzen von Arbeitgebern und Gewerkschaften ein Kompromisspaket aus. Neu soll der unbefristete Arbeitsvertrag der normale sein. Bauarbeiter werden künftig fest angestellt. Befristete Verträge gibt es noch für saisonale Arbeiten und Stellvertretungen. Praktika sind limitiert und reguliert. Und die Gesamtarbeitsverträge werden gestärkt: Ihre Eckwerte gelten auch im vertragslosen Zustand weiter, und die Löhne der Branchenverträge gehen betrieblichen Abmachungen vor. Das Kompromisspaket sieht zudem die Einführung einer staatlichen Kurzarbeitsversicherung vor.
ENDE GUT, ALLES GUT. Die Regierungsparteien PSOE und Podemos stimmten dem Paket zu. Aber im Parlament wäre es beinahe durchgefallen. Die Konservative Partei und die rechtsradikale VOX stimmten dagegen. Sie wollten nicht, dass die Gewerkschaften gestärkt werden. Einige Autonomisten stimmten dagegen, um der populären, linken Yolanda Díaz eins auszuwischen. Dank einem Zufallsmehr kam das neue Gesetz aber durch. Das ist ein grosser Sieg für prekär angestellte Leute in Spanien. Und das sind ganz schön viele.
Andreas Rieger war Co-Präsident der Unia. Er ist in der europäischen Gewerkschaftsbewegung aktiv.
Das ist super, endlich!