Rund drei Dutzend republikanisch regierte US-Bundestaaten haben im letzten Jahr rassistische Gesetze gegen Rassismuskritik in der Schule verabschiedet.
UNHEIMLICH: Die Rechten wähnen sich immer mehr im Krieg, wie beim Sturm aufs Capitol am 6. Januar 2021. (Foto: Keystone)
Die Lehrerinnen und Lehrer dürfen nicht mehr sagen, wie weitverbreitet und systematisch der Rassismus in den USA war und immer noch ist. Sie sollen im Geschichtsunterricht nicht ein wirklichkeitsgetreues, zuweilen auch negatives Bild der Nation präsentieren. Gesetzlich verordnet wird ein patriotisch verklärtes, heiles Amerika, das «den Kindern kein Unbehagen bereitet». Gemeint sind natürlich nur die weissen Kinder. Denn die kleinen Afroamerikaner, Asiatinnen, Latinos und Latinas wissen auch ohne Nachhilfeunterricht, was Rassismus ist. Sie erleben ihn jeden Tag.
Der Kulturkampf wird in den USA nicht zum ersten Mal als Schlacht an der Wandtafel ausgetragen. Und auch diesmal trifft es den Geschichtsunterricht besonders hart.
PROPAGANDA
In den 1990er Jahren sagte der rechtskonservative Präsidentschaftskandidat Bob Dole über ihm ungenehme, weil wahrheitssuchende Historiker, sie seien «schlimmer als jeder äussere Feind». Auf der Gegenseite urteilte bereits der 1868 geborene afroamerikanische Historiker und Bürgerrechtsaktivist W. E. B. DuBois: In den USA wird Geschichte nicht als Wissenschaft, sondern als Propaganda betrieben. Sie ist bloss dazu da, «das eigene Ego aufzublasen und ein falsches, aber äusserst angenehmes Erfolgsgefühl zu vermitteln».
DENUNZIATION
Der neueste rassistische Propagandafeldzug ist besonders perfid. Nicht nur wird die Geschichtszensur gesetzlich verankert. Mancherorts richten die rechtsextremen Gouverneure überdies spezielle Hotlines ein, auf denen Eltern oder Lehrkräfte rassismuskritische Kolleginnen und Kollegen denunzieren können. Das wirkt ziemlich verzweifelt und ist vielleicht – hoffentlich – ein Rückzugsgefecht der weissen «Herrenrasse». Lotta suter