Die amerikanischen Top-Fussballerinnen haben’s geschafft! Nach sechs Jahren Ringen mit dem Fussballverband können die Frauen endlich die Lohngleichheit feiern.
GLEICHBERECHTIGUNGS-GOAL! Profi-Fussballerin Megan Rapinoe und ihre Kolleginnen verdienen jetzt gleich viel wie ihre männlichen Kollegen. Weil sie nicht locker liessen! (Foto: Getty)
Sie wurden viermal Weltmeisterinnen und viermal Olympiasiegerinnen. Die US-amerikanischen Fussballerinnen sind nicht nur das erfolgreichste Nationalteam im Frauenfussball – ihre Bilanz ist auch zigmal besser als die ihrer männlichen Kollegen (deren grösster Erfolg bis heute: Halbfinal anno 1930). Und doch wurden die Frauen bisher schlechter bezahlt als die Männer. Sie bekamen tiefere Prämien pro Einsatz, weniger Boni bei Erfolgen, sogar weniger Essensentschädigung im Trainingslager!
Jetzt ist damit Schluss. Die US-Frauenteams und der US-Fussballverband haben mit einem Abkommen die Lohngleichheit besiegelt. Das ist historisch! Darüber hinaus zahlt der Verband einmalig 24 Millionen Dollar. Das meiste davon geht als Entschädigung direkt an die Spielerinnen – ein stillschweigendes Eingeständnis der bisherigen Lohndiskriminierung.
Nach dem WM-Sieg skandiert das Publikum: «Equal Pay!»
HAARSTRÄUBENDE ARGUMENTE
Megan Rapinoe, zweifache Weltmeisterin und Superstar des amerikanischen Fussballs, war 2016 eines von fünf Teammitgliedern, die mit einer Lohngleichheitsklage den Stein ins Rollen brachten. Als am 22. Februar der Deal stand, war sie überglücklich: «Das ist ein riesiger Sieg», sagte sie am TV-Sender NBC. «Wir haben nicht nur das Unrecht der Vergangenheit korrigiert, wir ermöglichen auch der nächsten Generation etwas, wovon wir nur träumen konnten.» Von Anfang an hatte der amerikanische Fussballverband die Klage der Spielerinnen mit allen Mitteln bekämpft. Nach drei Jahren hatten Rapinoe und ihre Mitstreiterinnen genug und gingen aufs Ganze: Sie zogen ihre Beschwerde zurück und verklagten stattdessen den Verband wegen Geschlechterdiskriminierung. Jetzt als ganze Mann- beziehungsweise Frauschaft.
Kurz darauf fand in Frankreich die WM statt. Und die US-Fussballerinnen holten sich den Titel. Als Fifa-Präsident Gianni Infantino zur Siegerinnen-Ehrung schritt, skandierte das Publikum «Equal Pay!» Gleicher Lohn! Das war 2019.
Den US-Fussballverband liess das kalt. Seine Anwälte behaupteten vor Gericht: die Ungleichbehandlung sei gerechtfertigt, denn die Frauen seien den Männern körperlich unterlegen und trügen weniger Verantwortung.
Ein fadegrades Eigentor. Es folgten ein öffentlicher Aufschrei, Proteste in den Stadien. Und: Wichtige Sponsoren wie Coca-Cola, Visa und der Brauerei-Multi Budweiser distanzierten sich von den sexistischen Behauptungen des Fussballverbands. Dieser trat schliesslich auf die Notbremse: Die Anwälte wurden gefeuert, der Verbandspräsident trat zurück.
Rapinoe und ihr Team hatten die Herzen Amerikas auf ihrer Seite. Doch dann kam der Schock. Das Gericht wies die Klage ab. Eine systematische Benachteiligung sei nicht erwiesen.
YES! Crystal Dunn, Rose Lavelle, Christen Press, Megan Rapinoe und Alex Morgan (v. l.) feiern an den Olympischen Spielen
in Tokyo 2020 ihren Sieg gegen das niederländische Team. (Foto: Getty)
EIN GAV FÜR ALLE!
Trotzdem gelang den Frauen noch der Coup: Der Fussballverband unterschrieb die Lohngleichheits-Vereinbarung. Offensichtlich wollte die Verbandsspitze keinen weiteren Imageschaden riskieren. Geholfen haben dürfte, dass mit Ex-Fussballerin und Weltmeisterin Cindy Parlow Cone zum ersten Mal eine Frau an der Spitze des US-Verbands steht.
Offen ist nun noch, wie viel die Frauen und Männer künftig verdienen werden. Präsidentin Cone machte allerdings schon mal klar: Künftig soll es einen einzigen Gesamtarbeitsvertrag geben, der für alle gilt, egal ob Frau oder Mann. Doch da gibt es noch ein Problem: Der US-Verband finanziert sich auch durch Boni, die der Weltfussballverband Fifa den Nationalteams für ihre WM-Teilnahme zahlt. Und für die Fifa ist Lohngleichheit ein Fremdwort: Total 400 Millionen Dollar zahlte sie den Mannschaften an der letzten WM. Für die Frauen-WM gab’s insgesamt gerade mal 30 Millionen.
Für US-Verbandspräsidentin Cone ist klar: Die Männer müssen jetzt von ihren bisherigen Prämien einen Teil an die Frauen abgeben. «Zumindest bis die Fifa gleiche Preisgelder für Frauen und Männer auszahlt.»
Schweizer Fussballerinnen 800 Franken Monatslohn
Männerfussball ist ein Millionengeschäft, auch in der Schweiz. Für die Frauen gibt’s dagegen nur ein paar Brösmeli. Wie viel der Schweizer Verband den Frauen im Nationalteam genau zahlt, wollte dieser auf Anfrage nicht bekanntgeben. Laut «Tages-Anzeiger» bewegen sich die Tagesansätze nur gerade «im tiefen dreistelligen Franken-Bereich».
RIESIGER UNTERSCHIED. Noch wichtiger für die finanzielle Situation ist aber, was die Spielerinnen bei ihren Clubs verdienen. Laura Rivas Kaufmann vom feministischen Fussballverband kennt die Zahlen: «In der letzten Saison gab es in der Schweiz 47 Spielerinnen, die einen Vertrag mit fixem Lohn hatten. Bei den meisten lag er zwischen 800 und 1500 Franken pro Monat, ein paar wenige bekommen 3000 Franken.» Und das sei bereits ein Fortschritt, so Rivas Kaufmann. Noch vor wenigen Jahren hätten nur eine Handvoll Spielerinnen überhaupt einen Lohn erhalten.
Aber klar, der Lohnunterschied zu den Männern sei nach wie vor gigantisch. Ein durchschnittlicher Spieler in der Schweizer Super League kassiert einen Lohn von fast 14’000 Franken im Monat.