Den Menschen in den Armenhäusern dieser Welt droht jetzt noch mehr Hunger. Was können wir tun gegen die negativen Auswirkungen von Krieg und Sanktionen?
KORNKAMMERN DER WELT: Russland exportiert 33,5 Tonnen Weizen pro Jahr, die Ukraine 24,5 Tonnen. (Foto: TNT Graphics)
Beginnen wir mit den Grössenordnungen: Weltweit produziert die Landwirtschaft pro Kopf 90 Kilo Getreide pro Jahr. Russland und die Ukraine exportieren pro Kopf der Weltbevölkerung 8 Kilo Weizen pro Jahr.
Wer Getreide produziert, braucht Dünger, um gute Erträge zu erzielen. Und der stammt wiederum zu einem schönen Teil aus Russland. Die Preise pro Tonne Kali haben sich seit Januar 2021 vervierfacht. Von 225 auf 900 Dollar pro Tonne. Parallel dazu haben sich die Preise pro Tonne Getreide, Mais und Soya mehr als verdoppelt.
Ägypten, die Türkei, Indonesien, Jemen und andere Länder sind auf Importe angewiesen. Sie müssen sich zusätzlich verschulden, um das importierte Getreide zu verbilligen. Wenn es denn überhaupt genügend Weizen auf dem Weltmarkt gibt. Es drohen Hungersnöte.
WENIGER FLEISCH ESSEN. Einige Weitsichtige fordern nun, dass die reichen Länder, welche die Sanktionen verhängt haben, die Folgen ihrer Politik finanziell abfedern. Die reichen Länder könnten den Verbrauch von Getreide, Mais und Soya massiv senken, wenn wir weniger Fleisch essen würden. Ein Schwein muss man mit mehr als 6 Kilo Getreide, Mais und Soya füttern, damit wir ein Kilo Schweinefleisch verzehren können. Deshalb müssten wir, bis Frieden einkehrt, weniger Fleisch, weniger Cervelats essen. Hart, aber wahr.
Bisher bezahlten die Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten auf importierte Futtermittel hohe Zölle. Zölle sind Einnahmen des Staates wie Stempelsteuern. Die Bauernlobby ist verdammt bauernschlau. Sie hat durchgesetzt, dass die Zölle auf Futtermittel für Hühner, Schweine und Rinder gesenkt oder gestrichen werden. Damit die Fleischpreise in der Schweiz nicht explodieren. Das war bisher nicht gross ein Thema.
ERNEUERBARE ENERGIEN. Russland lebt zu einem schönen Teil vom Export von Öl und Gas. Die EU will diese Importe schrittweise stoppen. Wie schnell, ist etwas umstritten. Atomkraftwerke sind keine realistische Option. Ihr Bau dauert zu lange. Atomstrom ist viel zu teuer. Und Atomkraftwerke sind – wie der Krieg gegen die Ukraine belegt – die Atombomben im eigenen Land. Der Umstieg auf neue, erneuerbare Energien wird gewaltig Fahrt aufnehmen. Zumindest in der EU.
Wir hätten eigentlich drei Trümpfe in der Hand.
TRUMPF 1: In den Stauseen der Schweiz lagern 7 Milliarden Kilowattstunden Strom. Der Bund müsste die Speicherkraftwerke enteignen und sie als strategische Reserve einsetzen.
TRUMPF 2: Das Stromnetz ist ein natürliches Monopol. Der ehemalige SP-Preisüberwacher Rudolf Strahm hatte den vielen kleineren und grösseren Monopolisten eine Sonderrendite von 3,8 Prozent zugestanden. Der heutige CVP-Preisüberwacher Stefan Meierhans will diese durch nichts zu rechtfertigende Monopolrente streichen. Gut so!
TRUMPF 3: Wir haben keine Gasspeicher. Und deshalb ist der Bau von Gaskraftwerken ungefähr das Dümmste, was wir machen können. Umgekehrt haben wir zu viele Öltanks in unseren Kellern. Beim Umstieg auf Wärmepumpen werden viele von diesen überflüssig. Wir müssten sie mit Elektro-Kraftstoff füllen, der mittels Strom aus Wasser und Kohlenstoffdioxid hergestellt wird. Damit wir im Fall der Fälle mit Notstromaggregaten die Schweiz versorgen können.
Cyrill Pinto dazu im «Tages-Anzeiger»: «Die Stadt Zürich kann die Trinkwasserversorgung auch bei einem Stromausfall sicherstellen. Und das, obwohl die Aufbereitung und Einspeisung des Wassers mit Pumpen betrieben wird, die nur mit Strom funktionieren. Bei einem Stromausfall springen riesige Diesel-Stromaggregate an, welche die Pumpen mit Strom versorgen. So kann die Stadt einen Stromausfall von bis zu zwei Wochen überbrücken und sicherstellen, dass trotzdem aus jedem Wasserhahn Wasser in Trinkqualität zur Verfügung steht.»
Link zum Thema:
- rebrand.ly/futtermittelreport
Greenpeace hat eine gute Studie zum Futtermittel-Wahnsinn machen lassen. Dies allerdings, bevor der Krieg gegen die Ukraine losging. Greenpeace müsste diese Studie deshalb dringend aktualisieren.