Die kaltschnäuzige Kündigung durch das Bieler Spital Linde liessen sich acht Reinigerinnen nicht gefallen. Über Monate wehrten sich die Frauen. Und zwangen die Klinik jetzt zu echten Abgangszahlungen.
MUTIGE FRAUEN: Vier der acht entlassenen Reinigungsfrauen berichteten work im März, wie sie vom Bieler Linde-Spital trotz langjähriger und treuer Arbeit vor die Tür gesetzt wurden. Jetzt erhalten sie zumindest eine Entschädigung. (Foto: Lucas Dubuis)
Der zähe Kampf der entlassenen Reinigerinnen des Bieler Spitals Linde ist zu Ende: Rund sieben Monate nach ihrer plötzlichen Kündigung rangen die Frauen der Klinikkette Hirslanden nun Abgangszahlungen ab, die deutlich über dem liegen, was die Klinik ursprünglich zahlen wollte. Die Unia Biel, die die Beschäftigten vertritt, verkündete die Einigung am 7. Juli.
Die Auseinandersetzung hatte Anfang Dezember 2021 begonnen. Das Bieler Spital Linde, Teil der milliardenschweren Hirslanden-Gruppe, kündigte damals an, Teile der Reinigung auszulagern. Eine Drittfirma sollte die Arbeiten übernehmen. Entsprechend kündigte der Konzern acht Reinigerinnen. Die Frauen sollten künftig für die neue Firma arbeiten – zu deutlich tieferen Löhnen.
Die Reinigungsfrauen erhalten nun Entschädigungen zwischen 6000 und 10’000 Franken.
KNAUSRIGER MILLIONEN-KONZERN
Ein riesiger Schock für die Frauen! Schliesslich arbeiteten sie bereits 14, 25 oder gar 30 Jahre im Linde-Spital. Einige standen kurz vor der Pensionierung.
Doch trotz anfänglichen Versprechungen zeigte sich die Hirslanden-Gruppe (Gewinn 2021: über 270 Millionen Franken vor Steuern und Abgaben) knauserig: Die acht Reinigerinnen sollten lediglich sechs Monate lang einen Ausgleich von 400 Franken erhalten. Eine Summe, die nicht einmal die Differenz zwischen dem bisherigen Lohn und dem neuen, tieferen Lohn ausgeglichen hätte. Deshalb meldeten sich die Geschassten bei der Unia Biel – und gingen mit ihrer Geschichte auch an die Öffentlichkeit. Fast 800 Unterschriften sammelten sie für eine Petition, die die Klinik zu Gesprächen über einen Sozialplan aufforderte (work berichtete).
Der Durchhaltewille zahlt sich jetzt aus. Auch die Unia Biel ist mit der jetzigen Einigung weitgehend zufrieden. Regionalsekretär Alain Zahler erklärte: «Der Kampf hat sich gelohnt.» Tatsächlich erhalten die Reinigungsfrauen nun Entschädigungen zwischen 6000 und 10’000 Franken. Damit sei die Klinik ihrer «sozialen Verantwortung zumindest teilweise nachgekommen», so Zahler.
EIN SIEG, ABER KEINE GERECHTIGKEIT
Tatsächlich zogen sich die Verhandlungen mit dem Spital über Monate hin. Zunächst hatte Hirslanden die Gespräche über einen Sozialplan «dankend abgelehnt», wie es in einem Schreiben des Spitals an die Unia hiess. Aber das Spital geriet immer wieder in die Schlagzeilen, die öffentliche Solidarität mit den entlassenen Frauen war gross. Ende März 2022 willigte Hirslanden schliesslich doch in Verhandlungen mit der Unia ein.
Aber sogar nach der Einigung teilt die Klinikkette noch gegen die Gewerkschaft aus. Gegenüber dem «Bieler Tagblatt» behauptet das Spital jetzt, die Unia habe vor allem gegen die Klinik vorgehen wollen, anstatt das Interesse der Beschäftigten im Auge zu haben. Eine dreiste Unterstellung, wie Unia-Mann Zahler klarstellt: Die Verhandlungen seien vor allem dadurch erschwert worden, dass die Klinik immer wieder neue Leute in die Verhandlungen geschickt habe.
Und die betroffenen Frauen? Wie sehen sie den Ausgang ihres Kampfes? Öffentlich äussern möchten sie sich zurzeit nicht. Zu gross ist die Sorge, dass Hirslanden juristisch vorgehen könnte. Zumal es ja eine Einigung gibt. Hinter vorgehaltener Hand sprechen sie aber doch mit work. Eine von ihnen sagt: «Es war richtig, dass wir uns gewehrt haben und es hat sich auch gelohnt. Ohne die Unia wäre das nicht gegangen.» Trotzdem ist die Freude darüber getrübt. Denn: «Gerecht ist es nicht, dass uns Hirslanden nach all den Jahren so einfach herauswerfen konnte.»