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Sandbatterien: Können wir so das Winter-Stromloch stopfen?

Ende August gehen in der Schweiz Hunderte von Strompreis-Bomben hoch. Die bombensichere Lösung: Solaranlagen in den Alpen, kombiniert mit finnischen Sandbatterien. Das wäre ein Tigersprung!

WUNDERMITTEL SAND: Finnland tüftelt an einem Sandspeicher, mit dem sich Wind- und Solarstrom vom Sommer in den Winter transferieren lässt. (GRAFIK: GRAPHICNEWS.COM)

Ende August 2022 werden alle Leserinnen und Leser von work wissen, ob die Strompreise für sie steigen. Und wenn ja, wie stark. Einige werden für den Strom gleich viel bezahlen wie bisher. Bei anderen werden sich die Strompreise verdoppeln. Wieso diese Differenzen?

Gut 600 Stromverteiler versorgen schweizweit die Haushalte und Unternehmen mit Strom. Einige von ihnen verfügen über eigene Produktion, vorab aus Wasser- und Atomkraft. Andere, die wenig bis keinen eigenen Strom produzieren, müssen diesen teuer, zu teuer einkaufen. Und an uns weiterverrechnen.

PREISDECKEL. Soweit überblickbar, hat sich bisher niemand ernsthaft mit diesem Problem auseinandergesetzt. Niemand verlangt einen Strompreisdeckel für die Stromproduzenten. Sie werden die grossen Kriegsgewinnler sein, wenn niemand die Handbremse zieht. Vergleichbar mit den Ölkonzernen Exxon Mobil, Shell, BP & Co.

Ein Strompreisdeckel wäre kein Erdbeben, er würde die Stromlandschaft Schweiz nicht einmal zwei Wochen erschüttern. Parastaatliche Elektrizitätswerke, die über keinen oder zu wenig Strom verfügen, werden mit Hochdruck in neue, erneuerbare Energien investieren müssen. 

GRENGIOLS. Viele wollen es immer noch nicht wahrhaben: Schnelle Abhilfe gegen Stromlücken und steigende Strompreise können und werden nur solare Freiflächen­anlagen schaffen. Vorab grosse Anlagen in den Alpen. Hier hat das allgemeine Scharren der Strom­barone bereits begonnen: Bis vor wenigen Monaten bekämpften im Wallis das kantonale Elektrizitätswerk und die kommunalen Verteiler gemeinsam den Bau bifazialer Anlagen in den Alpen. Jetzt wollen sie plötzlich den Lead in Grengiols VS übernehmen. An den Sonnen­hängen des Saflischtals soll dort auf rund fünf Quadratkilometern der grösste bifaziale Solarpark der Schweiz entstehen (work berichtete hier: rebrand.ly/solar-revolution). Wie Elstern klauen die Stromer die Ideen Dritter. Gut so, denn das Klauen guter Ideen war noch immer die erfolgreichste Strategie.

WINTERLOCH. Die Schweiz verfügt über Staumauern. In diesen kann man gut 7 Milliarden Kilowattstunden Strom speichern. Und über leistungsfähige Pumpspeicherwerke wie Nant de Drance im Wallis und Linth-Limmern in den Glarner Alpen. Wir stehen im internationalen Vergleich gut da, aber nicht gut genug. Denn erstens wird der Stromverbrauch im Winter wegen der Elektroautos und Wärmepumpen ansteigen. Dies auch dann, wenn wir viel effi­zienter werden. Zweitens werden wir hoffentlich eher früher als später die bestehenden Atomkraftwerke abstellen, abstellen müssen. Denn sie sind Atombomben im eigenen Land: Das ukrainische AKW Saporischschja, das wiederholt unter Beschuss stand, lässt grüssen! Und drittens haben wir schon heute beim Strom ein Winterloch, das wir zu wenig ernst nehmen.

HEISSER SAND. Mit herkömmlichen Batterien können wir relativ verlustfrei den Tag-und-Nacht-Ausgleich schaffen. Die Batterien speichern während des Tages den Solarstrom und speisen diesen in der Nacht in das System ein. Immerhin! Aber wir müssten sinnvollerweise den reichlich vorhandenen Sommerstrom in den Winter transferieren können. Was also tun? Das finnische Start-up-Unternehmen «Polar Night Energy» zeigt im noch kleinen Massstab auf, wohin die Reise gehen kann:

Schritt 1: Mit Solarstrom wird im Sommer Luft auf vorerst 650 Grad erwärmt.

Schritt 2: Diese erhitzte Luft erwärmt in einem weitgehend verlustfreien Speicher Sand auf 400 Grad.

Schritt 3: Im Winter entzieht das System dem Sand die Wärme und heizt die Häuser.

Bevor man die Häuser heizt, könnte zwischengeschaltet auch Strom produziert werden. Je grösser die Anlagen, desto tiefer die Kosten. Bleiben wir dran!

LINKS ZUM THEMA

  • rebrand.ly/saisonspreicher Spannend für die Schweiz: Die Speicher sind beliebig skalierbar. Man könnte neben der Ems-Chemie oder der Monza megaschwere Brummer installieren.
  • rebrand.ly/bombensicher Alle können die deutsche Tageszeitung TAZ lesen. 35000 zahlen freiwillig etwas dafür. Die einst weit links stehende TAZ  ist begeistert von dem bombensicheren finnischen System.

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