Katrin Bärtschi ist Briefträgerin in Bern und Gewerkschafterin.
Seit ewig will die Briefträgerin von den Titelbildern erzählen. Anfang 2021 – lang ist’s her, schon klar – veränderte die Personalzeitung der Post sowohl ihren Namen wie auch ihr Erscheinungsbild. Als die Briefträgerin die erste Ausgabe der «Pmag» (bisher «die Post») aus dem Kasten nahm, erschrak sie fast: Ein Gesicht in brutaler Nahaufnahme blickte ihr entgegen, unbewegt, ohne auch nur den Anflug eines Lachens oder Lächelns, ein Bild wie aus dem Kriminalarchiv. Schwerpunktthema dieser ersten neuen Ausgabe war der Mut.
Auf dem Titel des Post-Magazins: ein starres Gesicht nach dem andern.
AUSDRUCKSLOS. Es ging seither so weiter mit den Titelblättern: ein starres, ausdrucksloses Gesicht nach dem andern. Einzig die Frau auf der Märzausgabe 2022 trug die Andeutung eines Lächelns auf den Lippen und in den Augen. Dieses sollte vielleicht Freude symbolisieren, denn die Mitarbeitendenzeitung 1-2022 legte «den Fokus ganz auf die Frauen». Im Juli 2021 hatte die Briefträgerin ein Mail an die Redaktion des «Pmag» geschrieben: «Die neuen Titelseiten der Mitarbeitendenzeitung der Post inspirieren, um nicht zu sagen: irritieren mich (…). Und da nähme mich natürlich wunder, wie Ihr darauf gekommen seid, eine solche Gestaltung zu wählen.» Eine Antwort blieb aus, und die Briefträgerin legte das Thema beiseite.
GÜRTELROSE. Nicht zuletzt die Werbekampagne der Inselgruppe, eines bernischen Spitalverbunds, rief es ihr indessen kürzlich in Erinnerung: Pflegende lobten da ihre Arbeit und ihre Arbeitsplätze. Unbewegte Riesengesichter schauten von Plakatwänden herab, beinahe bedrohlich, so dass die Briefträge-rin sich halb schaudernd fragte, ob sie sich von deren Trägern und Trägerinnen pflegen lassen möchte. Und nun die aktuelle Gürtelroseplakatserie eines Pharmaunternehmens. Hier sollen die Nahaufnahmen die Betrachtenden das Fürchten lehren, das ist klar. Und dass die Abgebildeten nicht fröhlich schauen, ist nachvollziehbar.
Bei der Personalzeitung der Post dagegen, deren Inhalte an Optimismus kaum zu überbieten sind – warum nur blicken da die Covergirls und -boys so verbissen, um nicht zu sagen grimmig? Ja, warum nur?