Die Strompreise steigen, und die Strombarone kassieren. Wir brauchen dringend mehr Staat und mehr Solarenergie. Und wir können auch im Haushalt viel bewegen. Die besten neuen Tumbler und Kühlschränke brauchen vier Mal weniger Energie als der Schnitt der heutigen Geräte.
LICHT TOP, TROCKNEN FLOP: Eine erhellende und hilfreiche Zusammenstellung, was im Haushalt wie viel Strom verbraucht. (Foto: LBS)
Sprache ist verräterisch. Auch und gerade, wenn sie die Fakten verschleiert. In der Presse lesen wir von «Zufallsgewinnen» und von «Übergewinnen», die die Stromunternehmen derzeit machen. In Tat und Wahrheit sind das alles Krisengewinne (siehe auch Strompreis-Explosion ist kein Unfall).
Durchschnittlich zahlen die Schweizer Haushalte und Unternehmen pro Kilowattstunde Strom, die sie verbrauchen, nächstes Jahr 10 Rappen mehr als 2021. Das rote Zürich ist eine Ausnahme. Weil die Stadt gleich viel produziert wie konsumiert. Die Mehrheit der Haushalte und Unternehmen bezahlen 2023 zusammen 5 Milliarden Franken mehr. Und 2024 noch einmal 5 Milliarden mehr. Und ab 2025 15 Milliarden mehr.
Werden hier Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert? Nein, denn die Wasser- und Atomkraftwerke, die nicht den Verteilern gehören, sind ebenfalls parastaatlich. Das alles ist eine gewaltige, unsoziale Steuerbelastung zulasten der kleinen und mittleren Einkommen und Betriebe.
Ausweg 1: Der Preisüberwacher muss mehr Kompetenzen bekommen. Stefan Meierhans müsste verhindern können, dass man Strom, der 6 Rappen kostet, für einen Franken verkaufen darf. So könnte und müsste eine effiziente helvetische Strompreisbremse aussehen.
Ausweg 2: Die grosse Mehrheit der über 600 Stromverteiler, die keinen oder zu wenig selbstproduzierten Strom haben, müssten sofort in effiziente bifaziale Freiflächenanlagen investieren.
Ausweg 3: Sand- oder Kiesspeicher der nächsten Generation müssten drei Funktionen weitgehend verlustfrei übernehmen. Erstens den Tag-und-Nacht-Ausgleich. Zweitens die Überbrückung von Dunkelflauten in Europa. Und drittens die Verschiebung von Sommerstrom in den Winter.
Schrittweise beginnen wir zu begreifen, dass sich einiges verändern kann und sollte. Nur leider dauert alles verdammt lange.
VERSCHROTTUNGSPRÄMIE. Aber wir alle können viel mitbewegen, wenn wir die grössten Stromfresser im Haushalt ersetzen. Im neusten Testheft der deutschen Stiftung Warentest werden kombinierte Kühl- und Tiefkühlschränke einerseits sowie Tumbler andererseits getestet und verglichen.
Am besten schneidet der Bosch KGE 3881 ab. Er braucht pro Jahr nur 118 Kilowattstunden Strom. Das entspricht einer 13-Watt-LED-Röhre, die man durchgehend brennen lässt. Alle Leserinnen und Leser dieser Zeitung könnten und sollten mit einem Strommessgerät nachmessen, wie viel Strom ihr heutiger Kühlschrank samt Gefrierfach verbraucht.
Etwas mehr Energie verbrauchen effiziente Wärmepumpen-Tumbler. Super schneiden die Wärmepumpen-Tumbler von Miele, Bosch und Samsung ab. Wobei die Miele-Maschinen doppelt so teuer sind wie jene von Bosch und Samsung.
Sinnvoll wäre es, mit Verschrottungsprämien den Prozess der Erneuerung der Haushaltsgeräte zu beschleunigen. Obwohl sich der Ersatz der alten Geräte angesichts der massiv gestiegenen Energiepreise so oder so lohnt.
KERZENLICHT. Jede Veränderung hat auch mit Emotionen zu tun. Der Präsident von Swissgrid fordert uns alle auf, Kerzen zu horten. Die zuständige Bundesrätin Simonetta Sommaruga meldet Vollzug im Kampf gegen ein Blackout an: Sie habe ihre Tassen und Kerzen bereits im Schrank. Beides ist angesichts der vielen Notstromaggregate, über die grössere und kleinere Unternehmen in der Schweiz verfügen und die in der Stromnot angeworfen werden könnten, eigentlich grosser Nonsens. Denn Schätzungen gehen von einer möglichen Leistung von 2,6 AKW aus.
Ein Vorschlag zur Güte: Die Leserinnen und Leser von work laden sich die Septembernummer des deutschen Testheftchens herunter. Danach werden die Lichter im Wohnzimmer gelöscht. Bei Kerzenlicht studieren alle Mitglieder eines Haushaltes gemeinsam die unheimlichen technischen Fortschritte im Bereich der Haushaltsgeräte. Besser als jeder Fernsehabend.
Links zum Thema
- rebrand.ly/stierlin-eins Wer hat noch einen alten Sibir-Kühlschrank bei sich zu Hause? Bitte zwecks Reportage melden! Wer kennt die Geschichte des harten Trotzkisten und erfolgreichen Kapitalisten. Hans Stierlin? Ein kleiner Abtaucher in die Geschichte der Linken und des technischen Fortschritts lohnt sich.
- rebrand.ly/stierlin-zwei Auch work berichtete schon ausführlich über Sibir-Erfinder Stierlin und die trotzkistische Bewebung in der Schweiz — die zwar klein war, aber einflussreich. Auch in den Gewerkschaften.
- rebrand.ly/testheft Hier lässt sich für 5 Euro 99 das neuste Heft der deutschen Stiftung Wartentest herunterladen.